22.11.2008

Start ins Arztdasein

Lang lang ist der letzte Eintrag her. Mein Leben hat sich mehrfach und grundlegend verändert. Zum einen musste ich wieder nach Deutschland zurück, weil Stine ja ihr Zimmer wieder haben wollte. Ok und das LPA wollte dann auch nicht, dass ich 2 Tertiale in Norwegen herumlungere, Visite mache und eventuell sogar ohne eigene Verantwortung, aber doch ärztlich arbeite. Naja also bin ich dann doch wieder nach Deutschland geflogen. So richtig gut ging es mir dabei nicht. Keine 24 Stunden in Deutschland, schon folgte der Umzug nach Kiel und innerhalb von Kiel. Der erste Schock erwartete mich in der neuen Unterkunft. So viel Dreck hatte ich lange nicht mehr gesehen. es war widerlich! Und ich irgendwie mittendrin. Na toll. Dank meines Staubsaugers und einiger Lappen, Feudel und Reinigunsalkohol konnte ich mich dann doch mit der Wohnsituation anfreunden. Mehr als ein Provisorium wird es sicher nicht werden.

Kaum 24 Stunden nach dem Einzug fand ich mich in der Chirurgie wieder. Immerhin hat mein Wunsch mit 8 Wochen Kinderchirurgie geklappt. Der erste Tag war aufbauend. Wenige OPs, eher kurze Sachen und nur an 2 Tagen pro Woche. Juchee! Mit den Ärzten musste ich erst warm werden, aber dann wurde die Kinderchirurgiesache doch richtig nett. Ich habe mich wieder richtig wohl gefühlt und wollte gar nicht mehr weg. Als hätte ich es vorher gewusst... Mein nächster und zum Glück letzter Einsatz war auf einer allgemeinchirurgischen Station. Ich hätte heulen können. Jeden einzelnen Tag. Ich bin dann dazu übergegangen, die Stunden zu zählen. Ich war plötzlich "das PJ", mein Name hat keinen interessiert. Hauptsache, das Blut war abgenommen und die OPs besetzt. Echt unter aller Kanone. Irgendwie sind auch die letzten 3 Wochen meines PJ-Lebens vorbei gegangen. Während ich sonst bei jeder Station meine Tränchen zurückhalten musste, konnte ich nach diesem Einsatz mir ein breites Grinsen nicht verkneifen.

Nach zweimaligem Durchatmen fing dann eine weitere Durststrecke an. Juli-August-September waren einzige Lernmonate. Die Tage unterschieden sich nur marginal, eigentlich nur durch verschiedene Lerninhalte. Highlight war neben meinem Geburtstag, dann noch Kathas Hochzeit. Gefeiert wurde in einer Turnhalle in Lübeck. Vorher waren wir alle zu einem Gottesdienst eingeladen, der durchaus heimatliche Gefühle geweckt hat. Unser aller Lieblingspastor zeigte sich von seiner besten Seite. Ein paar Spontagags waren dabei und für die Lacher war gesorgt. So zum Beispiel zum Taufkind, das auf dem Arm seiner Tante ein wenig heulte: Warten wir's ab, in ein paar Jahren wird er nicht mehr weinen, wenn eine schöne Frau ihn im Arm hält. Der Witz bestand vor allem darin, dass die Tante kein Wort deutsch spricht. Schön gefeiert haben wir. Leider hat das Wetter nicht das gehalten, was es versprochen hatte. Es war eher kalt, grau und bedeckt. Und als ich um 22 Uhr in den Zug nach Kiel gestiegen bin, habe ich aus dem Fenstern noch ein schönes Gewitter beobachten können.
Am nächsten Tag hieß es dann Weiterlernen. Lernen nur unterbrochen von meinen wöchentlichen Highlight-Besuchen bei Viola. Ich habe mich immer wie ein Schneekönig auf den Montag gefreut. Wie tapfer wir gelernt haben *hüstel* Die meiste Zeit auf jeden Fall. Also immer dann, wenn wir nicht noch wichtigeres zu bereden hatten.

Dann kam irgendwann DER Brief. Der Brief mit den Prüfungsdaten. Und der Schock! Radio! Ich... ok, abgefunden hatte ich mich damit. Und auch mit dem Datum, dass 10 Tage nach dem schriftlichen lag und damit schon irgendwie früh. Das schriftliche Examen kam und mit ihm die schwindende Hoffnung. Mit Fällen wie: Gestationsherpes, Hauttuberkulose und einem atypischen M. Bechterew hat das IMPP mir keine Freude gemacht. Am meisten habe ich mich allerdings über mich selbst geärgert. Die heilige Regel niemals, aber auch wirklich niemals noch etwas zu korrigieren habe ich missachtet und mich so von einer 2 auf eine 3 veschlimmbessert. Da kann ich nur sagen: selber schuld! Aber blöd von mir war es trotzdem! Mit einer guten 3 (nach den vorläufigen Medi-Learn-Ergebnissen) bin ich dann in die mündliche Prüfung gestartet.

Weitere kleinere Schocks folgten (Patient nicht da, multimorbide, kein Bauchpatient, Prüfer- und Prüfungsfachwechsel 5 Tage vor der Prüfung...) und doch bin ich heil durch den Oktober gekommen. Am 30.10. fand dann mein aktives Studium ein Ende. Ein sehr gutes sogar. Das mündliche Staatsexamen verlief sehr gut und ich war vollauf zufrieden mit mir und der Welt.