21.02.2010

Das soll sich jetzt Heimat nennen?!

Die Welt so schön, die Welt so erfüllend, die Welt so einzigartig und plötzlich soll alles vorbei sein? Hatte es nicht gerade erst angefangen? Der Winter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wollte ich doch mit einem Stück Papier mehr umziehen. Der eine Abschied ist schmerzhaft, der andere leer, der nächste macht Hoffnung auf einen Besuch. Tief in der Nacht geht es los. Viel zu früh stehen wir an der Fähre. Ob ich wohl die Norweger verstehen werde? Was ist, wenn nicht? Im Grau verlässt das Schiff das Festland, unter blauem Himmel kommt es an der norwegischen Westküste an. 370 km mit jedem Wetter, das man sich vorstellen kann. Fjorde und Tunnel wechseln sich ab. Dieses mal ist es nicht die Anmut der Landschaft, die mir weiche Knie beschert. Ist es die richtige Entscheidung? Die Entscheidung ist gefallen. Eine Chance, die genutzt werden will. Das, was zu Hause genannt werden will, ist bei Sonne ein Postkartenmotiv. Im dunkelblauen Fjord spiegeln sich die bunten Häuser, die Luft riecht nach Meer, ein bisschen nach Urlaub und wieder glitzert der Schnee wie tausend Diamanten in der Sonne. Ich glaube, es gibt nicht viele Orte auf der Welt, wo man Gebirge direkt am Meer hat, wo man mit Ski an den Strand fahren kann. Wo vielleicht auch mal ein Wal vorbei kommt (wenn nicht im Wasser, dann in der Tiefkühltruhe). Trotz der Schönheit und Karibikfeeling durch namensgleiche Berge – Zuckerhüte - pendeln meine Gedanken immer wieder zurück. Zurück dahin, wo das Glück sich anfassen lässt.

Ach Goethe...

Es gibt Momente, in denen ich Faust mehr als gut verstehen kann, in denen ich mir sehnlichst wünsche „Augenblick verweile doch“. Im Unterschied zum viel studierten Faust brauche ich dazu nicht einmal einen Pakt mit dem Teufel. Diese Augenblicke, die sich in meinem Gedächtnis eingegraben haben, erfüllen mich mit dem Gefühl, die Welt umarmen zu können. Plötzlich alleine mit einer Dame in den besten Jahren, die Welt entdecken. Die Sonne am hellblauen Winterhimmel taucht die Welt in ein klares Licht. Kalt ist es, Eisschollen liegen dicht gepackt im Nord-Ostsee-Kanal und warten darauf, dass Frühling wird.

Hätte mir jemand vor ein paar Jahren prophezeit, wie ich heute über Eis und Schnee denken würde, ich hätte herzlich gelacht und kein einziges Wort geglaubt. So lange die Sonne scheint und die Bahn geräumt ist, kann ich mit der weißen Decke gut leben. Immerhin einen Tag bot der Januar mit Sonne und geräumter Bahn. Ob es wohl ein Pilots High gibt, das dem Runners High entspricht? Wenn nicht, dann etabliere ich das jetzt als ICD10 Nummer.

Die weite Schleswig-Holsteins, das magische Licht über der Nordsee, der in der Sonne glitzernde Schnee, das dicke Luftpolster zwischen mir und der Erde und das beruhigende Brummen des Motors, am Boden einen Becher Tee und... – was brauche ich mehr um glücklich zu sein? Ok, ein kleines bisschen karibische Wärme. Und dann ist das Leben perfekt!