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19.07.2016

Von der Wüste in den Dschungel

Schade, dass Kagbeni so mitten auf dem Weg liegt. Hier würde ich gerne mal übernachten - im Yak Donald Hotel. Und dann dort einen Burger essen. Jetzt bin ich offiziell ausgereist, aus dem Königreich Mustang. Da es noch so viel anderes aufregendes in der Welt zu entdecken gibt, wird es wohl die erste und letzte Reise in dieses Reich gewesen sein. Ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite möchte ich noch mal und noch mal und noch mal hierher, auf der anderen Seite, habe ich noch nichts von Zentralasien gesehen, kaum Afrika südlich der Sahara, Südamerika, Kanada, Russland.... Ach ja. 

Kagbeni ist eine Grenze. Ab hier ist die Wüste vorbei, ab hier sind die Religionen wieder gemischt, ab hier sind die Touristen wieder etwas häufigere Weggefährten. Genau wie der Regen. Pünktlich in Kagbeni fängt es an zu regnen. Der Weg nach Jomsom zieht sich ewig lange hin. Eher nassgeschwitzt als nassgeregnet komme ich an. Was mache ich jetzt mit dem angefangenen Tag? Es regnet, das Museum hat in der Regenzeit auch nicht auf und Internet gibt es nicht. Zum Lesen bin ich eigentlich zu müde und außerdem ist mir kalt.
Das Abendessen ist doppelt lecker. Gerstenbrei statt Reis und dann die Currys und zur Feier des Tages sogar mit ein paar Bröckchen Ziege drin. 

Der Weg zurück sollte eigentlich im wahrsten Sinne des Wortes im Fluge vergehen. Aber bei Dauerregen und entsprechend tiefen Wolken, ist an einen Flug nicht zu denken. Ich storniere den Flug, bekomme das Geld und mache mich zu Fuß auf den Weg. Es regnet, es ist eklig und ich frage mich, was ich mir dabei eigentlich gedacht habe. Nachmittags bin ich in Kalopani, dem Ort mit dem schwarzen Wasser. Zumindest ist das meine Übersetzung. Kalochia heißt zumindest schwarzer Tee. Ich nehme das erstbeste Guesthouse. Ich bin komplett durchweicht und nur dankbar ein Dach über dem Kopf zu haben. Mein Zimmer ist gleichzeitig auch Lagerplatz für Reisvorräte. Riecht ein bisschen nach Maus, aber es ist trocken. Zumindest regnet es nicht direkt rein. Klamm und feucht ist es, aber was solls. Ich ziehe mir die letzten trockenen Klamotten an, meine Notration sozusagen, und krieche in den Schlafsack. Nach einem kurzen Nachmittagsschlaf, habe ich das Gefühl, dass alles, aber wirklich alles feucht und eklig ist. Abendessen und wieder in den feuchten Schlafsack. Früh morgens wache ich auf, weil ich meine etwas auf den Füßen gespürt zu haben. Die arme Maus hat sich bestimmt furchtbar erschrocken, weil ich mich so erschrocken habe. Lange muss das Mäuschen mich auch nicht mehr ertragen. Ich ziehe früh weiter.

Der Weg schraubt sich langsam den Berg runter. Es wird wärmer und wärmer. Trockener werde ich zwar nicht, aber zumindest friere ich nicht mehr. Je weiter ins Tal ich komme, umso grüner und tropischer wird es. Bald laufe ich vorbei an Bananenplantagen und die kleinen Wasserfälle am Straßenrand bieten eine angenehme Erfrischung. Kalte Cola, köstlich - wenn es sonst nur lauwarmes Wasser gibt. Als ich in Tatopani ankomme, bin ich gleichzeitig erleichtert und traurig. Der aktive Urlaub ist vorbei, ab jetzt werde ich mich wieder transportieren lassen. 

Um den Urlaub so zu beenden, wie das letzte mal, schlafe ich auch hier - ein letztes mal zu den Geräuschen des Dschungels ein.

21.06.2016

Zum Glück ist vieles heil geblieben

Schon vor dem Abflug habe ich überlegt, ob ich in Kathmandu überhaupt noch was wiedererkennen würde, nach dem Erdbeben. Der Flughafen hatte sich auf jeden Fall nicht verändert. Auf der Fahrt ins Thamel war es ja schon dunkel, aber trotzdem konnte ich den einen oder anderen Blick auf die Stadt werfen. Viel Zerstörung habe ich nicht gesehen. Auch der Hindu-Tempel mit den Ghats am Bagmati Fluss, stand da, ganz genau, wie vor 2 Jahren. 
Irgendwann wusste mein Gehirn, dass wir gleich links abbiegen würden. Und kurze Zeit später, sind wie links abgebogen. Diese GPS-Neurone sind faszinierend. Nur dass die Mosers mir jedes mal - mit allen Familiengeschichten - in den Kopf kommen, wenn diese Superneurone mal wieder ihren Job machen, das nervt ein bisschen. 
Nach dem Abbiegen wusste ich genau, wo wir sind. Das Hotel liegt in der Nähe des Garden of Dreams, einem Park in dem sich Kathmandus reiche Jugend zum Händchenhalten trifft. 
Mein Zimmer liegt im 2 Stock und hat eine Klimaanlage. Jetzt hoffe ich nur, dass der Strom nicht gleich ausgeschaltet wird. Kurz duschen und dann ins Bett. Ich fülle meine Wasserflasche und bin unsicher, ob ich dem Filter trauen kann. Mutig trinke ich einen Schluck. Wenn der Filter nicht funktioniert, habe ich jetzt bald ein Problem. Aber erstmal lege ich mich ins Bett und falle kurz darauf in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen wache ich davon auf, dass die Klimaanlage ausgeht. Ok, heute ist also um 7 Uhr Schluss mit dem Strom. Ich packe ein bisschen um und gehe frühstücken. 
Dann werde ich auch schon von einem City-Guide abgeholt und los geht es zu den mir wohl bekannten Sehenswürdigkeiten. Nur im Regen kannte ich die Tempel noch nicht. 
 
Als erstes steht der Affentempel auf dem Programm. Swayambhunath hat das Erdbeben nicht unverletzt überlebt und hier und da fehlt ein Stück der Anlage, bzw. liegt als Schutthaufen in einer Ecke. Trotz der offensichtlichen Zerstörung tobt hier das Leben. Ein paar Touristen patschen durch die Pfützen, Arbeiter tragen Steine - jedem Arbeiter gucken 2 Aufpasser zu, diese werden von jeweils 4 Oberaufpassern beaufsichtigt und bei besonders wichtigen Arbeiten, werden die 4 Oberaufpasser auch noch von 8 Super-Oberaufpassern beobachtet, dazwischen der eine oder andere, der zum Beten oder Opfergaben bringen gekommen ist. Und nicht zu vergessen, die Affen. 

Weiter geht es zum PashupatinathTempel, den ich gestern Abend schon aus dem Autofenster gesehen habe. Auch hier liegen einige Schutthaufen, aber die Grundstruktur ist genau, wie in meiner Erinnerung. Hier wird gerade ein wichtiger Mann zur Kremierung vorbereitet. Mit reichlich oragenen Blumen geschmückt liegt der Tote auf den Stufen des Bagmati-Flusses. Die Menschen, die dem Mann die letzte Ehre, bzw das letzte Wasser auf den Kopf gießen oder Blumen hinlegen, erweisen wollen, stehen in einer langen Schlange an und warten geduldig, bis sie an die Reihe kommen. Der älteste Sohn des Mannes hat seine Haare, bis auf einen kleinen Zopf abrasiert und steht nur in einer Art Unterhose bekleidet dich bei der Leiche und nimmt die Beileidsbekundigungen entgegen. Er ist es auch, der dem Vater das Benzingetränkte Strohbüschel in den Mund stecken und anzünden muss. Sicher keine leichte Aufgabe.
Seit einiger Zeit gibt es ganz in der Nähe auch ein modernes Krematorium, in dem die Leichen innerhalb einer Stunde verbrannt werden. Das ist deutlich günstiger, wird aber nur ungern genutzt, weil es nicht so traditionell ist. Die Ghats werden nämlich stundenweise gemietet. Und so eine normale Verbrennung dauert oftmals mehrere Stunden. Es fängt wieder an zu regnen und wir machen uns auf den Weg, weiter zu Boudhanath, dem größten Stupa Nepals. 

Boudhanath ist versteckt unter Planen. Auch hier hat das Erdbeben seine Spuren hinterlassen. Der Stupa wird gerade restauriert. In einem der Restaurants mit Dachterrasse gehen wir Mittag Essen. Weiß genau, was ich will - Momos. Diese unendlich leckeren tibetischen Teigtaschen. Auf die habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. 

Der Besuch hier ist kurz, viel gab es leider nicht zu sehen. Und so ziehen wir weiter zum Kathmandu Durbar Sqaure, wo die kleine Kindergöttin leidet. Da es wie aus Eimern schüttet, habe ich keine große Lust mich zwischen Baugerüsten und Matschgruben großartig umzugucken. Als ich das letzte mal hier war, tobte das Leben. Jetzt spritzt der Matsch. Wir gehen durch die Ausstellung und ich bekomme die Monarchie und das Ende selbiger erklärt. Dieser Anschlag auf die Königsfamilie, der zum Ende der Monarchie geführt hat, ist immer noch ein Mysterium. Keiner weiß so richtig, was passiert ist und vor allem, wer den Anschlag verübt hat. Onkel oder Sohn? Beide hätten sicher ihre Gründe gehabt. Und keiner hat das erreicht, was er erreichen wollte: nämlich Nepals regierender König werden. 

Dann kommen wir in den Innenhof mit dem Fenstern des versklavten Kindes. Diese hinduistische Göttin, muss das Kind einer buddhistischen Familie sein. Es gibt mehrere Schönheitskriterien, die sie erfüllen muss und dann muss sie das Pech haben, von den Göttinnenjägern entdeckt zu werden. Im Alter von 3-5 Jahren wird das Kind aus seiner Familie gerissen und von da an, jeden Tag geschminkt und ans Fenster gesetzt, damit sie begafft werden kann. Ein Privatlehrer sorgt dafür, dass das Mädchen ein wenig Schulbildung bekommt. Hin und wieder darf sie die Eltern als Besucher empfangen, aber nicht berühren. Zu jeglichen Veranstaltungen außerhalb ihres Gefängnisses, wird sie getragen. Mit ca 13 Jahren, ist der Spuk vorbei und das Kind wird seinen Eltern zurückgegeben. Völlig verstört und sozial unfähig. Die Ex-Kumari bekommt eine kleine Rente und muss von nun an ein anderes Leben führen. Die meisten Mädchen schaffen es nicht, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Ihnen fehlen um die 10 Jahre des sozialen Lernens. Zu dem gilt es als unglückbringend für den Mann, wenn er eine Ex-Kumari heiratet. Klasse, bestimmt für ein Leben in Armut. 
Ich bin genauso geschockt, wie beim letzten Besuch. Dass die Kumari ans Fenster gekommen ist, hat mich nicht weiter beeindruckt. Mir tun diese Mädchen einfach nur unendlich leid. 

Inzwischen ist es schon später Nachmittag und ich freue mich auf eine Dusche und ein bisschen ausruhen. Ein kurzer Stopp bei Tika, dem Veranstalter im Büro. Permit und Tickets sind klar. 
Mustang, pass auf, ich komme!