09.03.2011

Von Doktoren, Paranymphen und einem großen Fest

SAS wirbt damit, die pünktlichste Fluggesellschaft zu sein, die die Welt zu bieten hat. Entspannt lehne ich mich zurück, es wird schon alles gut gehen, 35 Minuten zum Umsteigen in Oslo reichen. Meistens auf jeden Fall. Nur dann nicht, wenn der SAS-Flug nach Oslo schon 60 Minuten Verspätung hat, weil in Bodø ein Schneesturm sämtlichen Flugverkehr zum Erliegen gebracht hat. Also, was tun? Unruhig Hin- und Herlaufen? Klar, die ganze Zeit. Mit den SAS-Angestellten reden? Auch das. Ein bisschen verzweifeln? Jederzeit. Ist doch der KLM-Flug nach Amsterdam schon längst weg, wenn ich ankomme. Wie soll ich nach Holland kommen? Wie soll ich Ines großen Tag feiern, wenn ich auf Vigra oder in Oslo sitze? Und warum will bei KLM keiner mit mir reden? Wo sind die Menschen alle? Erstmal nach Oslo, dann bin ich schon ein bisschen südlicher und näher an Holland dran. Ines hat, wie immer, gute Ideen und findet in der Stunde, die ich in der norwegischen Luft zwischen Vigra und Gardemoen schwebe eine Möglichkeit nach Amsterdam zu kommen. Pünktlich und für verhältnismäßig wenig Geld. Auf diese Weise teste ich die Jugendherberge am Osloer Flughafen. Urteil: Zu Empfehlen. Ich hatte ein 4-Bett-Zimmer für mich alleine. War eigentlich mehr eine kleine Wohnung mit 3 Betten im Wohnzimmer und einem Extraräumchen. Über Frankfurt nach Amsterdam. Über die Freundlichkeit 2-er Flughafenmitarbeiter am größten deutschen Flughafen möchte ich nichts sagen. Aber die können sich glücklich schätzen, dass sämtliche Spritzen und Skalpelle in der Praxis liegen. Eine anatomische Studie am lebenden Objekt in der Sicherheitskontrolle (Prima, Röntgengerät wäre vorhanden gewesen) des Frankfurter Flughafens, fehlt noch in meinem Repertoire.
Das Grauen geht weiter in Holland. Die Fahrkartenautomaten nehmen nämlich nur holländische Visa-Karten. Norwegische Kronen will auch keiner haben. Einen Geldautomaten, der am Samstagabend funktioniert gibt es auch nicht. Mantramurmelnd "alleswirdgutalleswirdgutalleswirdgut" schaffe ich es, eine Fahrkarte zu bekommen und den richtigen Zug zum richtigen Zeitpunkt zu bekommen. Endlich da! Ein sprudelndes Energiebündel empfängt mich mit einem lang vermissten Lächeln. Solche Momente sind es, die ich vermisse. In solchen Augenblicken sollte die Welt stillstehen und ich denke wieder an Goethe. Augenblick verweile doch! Um den Tag würdig zu beenden bekomme ich eine Führung durch die Utrechter Altstadt. Kleine Lichtpunkte sind im Boden eingelassen und weisen auf Lichtkunst hin. Besonders angestrahlte Gebäude, Filme in Kanälen, leuchtende Blumen und immer wieder beleuchtete Fassaden.
Die folgenden Tage vergehen im Zeitraffer. Ein Einkaufsbummel mit Self-Checkout für kaum 500€ wird zu einem Erlebnis. Das gemeinsame Kochen, die Gastfreundschaft, die mir nachts entgegengebracht wird, die alten Bekannten, die neuen Gesichter und nicht zu vergessen, die Hauptperson des ganzen Aufwandes, alles zusammen ergibt eine Mischung aus Chaos und Lebensfreude, die ohne Ines niemals existieren könnte. Ein wahres Lebenselixier.
Die Rückreise ist weniger aufregend als die Hinreise. Entspannt komme ich nach Hause und freue mich auf das, was auf mich wartet.