10.04.2010

Weihnachtslieder zu Ostern?!

So langsam übernimmt der Frühling die Führung des Wetterregimes. Die Vögel brüllen sich morgens die Seele aus dem Schnabel und die ersten Blumen recken ganz mutig ihre Blüten der Sonne entgegen. Die Sonne hat es auch geschafft, den Schnee soweit in seine Grenzen zu weisen, dass die Straßen und Gehwege, bis auf einige Hügel am Wegrand, frei von den weißen Massen sind. Biegt man allerdings von den großen Wegen ab, kann es passieren, dass man bis zu den Knien wieder im Schnee einsinkt. Unsere Wanderung auf das Emblemfjell wird durch die Schneemassen deutlich erschwert. Dafür verwöhnt uns die Sonne mit wärmenden Strahlen. Die Weiden am Wegrand streicheln uns mit ihren kuscheligen Kätzchen. Und der Alltag, der nur 10 Autominuten entfernt liegt, wirkt weit, weit weg.

Kleine Paradiese, wie diese gibt es zum Glück viele hier. Ein Blick aus dem Fenster kann schon für weiche Knie sorgen. Wenn die Sonne hinter der Bergen im Meer versinkt und die Welt erst rosa, dann dunkelrot und zum Schluss golden färbt, ist nicht etwa der Farbkasten eines Malers explodiert, sondern einfach nur ein ganz gewöhnlicher Abend im Westen Norwegens.

Gerade in den letzten Tagen sind sind die Wiesen geradezu explodiert und die Schneeglöckchen und Krokusse kämpfen um Platz. Die Osterglocken haben es zwar nicht geschafft, sich bis zu den Ostertagen durch die Erde zu kämpfen. Jetzt schauen so langsam die ersten gelben Knospen hervor.

Ostern war, abgesehen von einem durch durchgeknallte Patienten anstrengenden Dienst, sehr viel erfüllter, als ich erwartet hatte. Wenige Worte haben mein Osterfest mehr oder weniger zu etwas besonderem gemacht. Ob ich mit nach Geiranger wollte. Und wie ich das wollte!!! Im strahlenden Sonnenschein immer am Fjord entlang. Ein spektakulärer Ausblick nach dem nächsten. Wie kann es sein, dass ein Land, klein und in der Welt unbedeutend mit so viel Imposanz (nein, nicht ganz das richtige Wort, aber mir fällt kein besseres ein und Google kennt auch keins) daher kommt. Wenn die schneebedeckten Berggipfel im Sonnenlicht glitzern, die sattgrünen Berghänge nur durchbrochen von einzelnen roten Häusern, in tiefblauem Wasser enden, dann ist das Norwegen, ganz sicher.

Die Fahrt ist schön, Ostern ist offizieller Flaggtag und vor vielen Häusern (auch auf dem Krankenhaus) leuchtet das Rot der norwegischen Flagge vor dem Hellblau des österlichen Himmels. Kurz vor dem Ort Geiranger riecht das Auto nach Kupplung und wir entschließen uns, einen Mittagsspaziergang im Schnee zu machen. Außer dem Gezwitscher der Vögel und dem sanften Schneeknirschen vorbeikommender Skiläufer ist es still. Rechts unten im Tal liegt das noch winterlich verschlafene Örtchen Geiranger, Kräfte sammelnd für die kommende Touristensaison. Beim Picknick mit Ausblick, könnte ich fast meinen, ich hätte Urlaub. Auch der Dorfspaziergang erinnert mehr an Sommerurlaub, als an einen kleinen Ausflug.



Auch der Ostermontag lockte mit Sonne und blauem Himmel. Ein überraschender Ausflug nach Godøya und zum Alsnesfyr. Die Insel mit ihrem Leuchtturm liegt direkt neben der Stadt und ist nicht nur ein Paradies für Taucher, Surfer, Angler, Ruderer, Segler und Naturkundler. Sondern auch für Seevögel und Seehunde. Natürlich auch für alle, die gerne am Strand sind und weder den Blick auf das offene Meer, auf die schneebedeckten Berge noch auf weite Felder und Wiesen missen möchten. Den ganzen Nachmittag haben wir am Strand gesessen, gegrillt und Sonne getankt. Den Seehunden und Seeadlern zugesehen und ein kleines Gespür dafür bekommen, was der Sommer vielleicht bringen kann:

Ein Leben im Bilderbuch!

Nur eines verstehe ich immer noch nicht. Warum singen die Norweger zu Ostern Weihnachtslieder?