29.06.2013

Das Spiel mit dem Feuer

Die Zeit ist nur so an mir vorbei gerast und schon ist alles vorbei. Nein, noch nicht ganz, der Mt St Helens steht noch auf dem Programm. Trübe und grau ist es, als wir losfahren. Der Berg hüllt sich, noch(?) in dicke Wolken. Bald sind wir schon am ersten Besuchszentrum. Ein nett gemachtes Museum. Der 18.Mai 1981 war der Tag des großen Ausbruchs. Die Anwohner waren schon in den Wochen zuvor aus der Umgebung evakuiert worden. Alle bis auf einen alten Mann, der gerne in seinem Haus sterben wollte. Nachdem vieles, was vorhergesagt wurde, nicht eingetroffen war, durften die Leute stundenweise wieder zurück in ihre Häuser. Außerdem war reichlich PR vor Ort, um alles zu filmen und zu fotografieren. Ein paar kleine Erdbeben kündigten dann den Tag der Tage an. Viele, viele Menschen haben zu gesehen, sowohl zu Hause am Fernseher, als auch direkt vor Ort. Unnötig zu sagen, dass viele von denen den Ausbruch und den damit verbundenen viel schlimmeren Erdrutsch und Flusstsunami, nicht überlebt haben. Unendliche Steinmassen hat St Helen abrutschen lassen und die Umgebung völlig ausradiert. Neue Flussbetten wurden geschaffen, Straßen zerstört und umso mehr Menschen obdachlos. Eine nationale Katastrophe (hierbei ist unnötig zu erwähnen, dass die meisten Menschen, die bei dem Unglück gestorben sind, von den amerikanischen Behörden in die evakuierten Gebiete gebeten worden sind…) die die Welt erschüttert. Bis nach Seattle ist der feine Staub geflogen und hat alles bedeckt. Jetzt ist der Staub nur noch auf Bildern und eben hier im Museum zu sehen.
Weiter geht es zum nächsten Aussichtspunkt. Hier stehen wir am Ende/Anfang der Explsoionszone. Es sind noch mehrere Kilometer bis zum eigentlichen Berg und bis hierher war alles, aber auch wirklich alles weg? Und das vor 30 Jahren. Beeindruckt und in mir selbst kleiner werdend vor den Kräften der Natur stehe ich nun da. Die Bäume um mich herum sind genau so alt wie ich. Sie sind angepflanzt worden und stehen in akkuraten Reihen. Wenn man sie anguckt, dann wirkt es wie ein schlechtes 3D Bild. Lieber nicht genauer hingucken, mir wird schwindelig dabei. Durch diese Landschaft, in der an einigen Stellen noch die alten Baumstämme zu sehen sind, die wie Streichhölzer umgeknickt sind, fahren wir weiter bis zum Besucherzentrum. Hier machen wir erst einen kleinen Spaziergang. Es wirkt, wie auf einem anderen Planeten. Karge Landschaft, hier und da ein paar Blumen und eine merkwürdige Form von Weite. Lange Zeit gehen wir schweigend nebeneinander her. Gemeinsames Erleben, gemeinsames Schweigen, gemeinsame Vertrautheit. Bevor das Besucherzentrum zu macht, nutzen wir die Möglichkeit einen Film über den Berg zu sehen und ein bisschen im angeschlossenen Museum zu stöbern.
Den Abend verbringen wir philosophierend in der warmen Sonne sitzend. Und ja, der Berg ist aufgetaucht. Immer weiter haben die Wolken sich verzogen und immer mehr von der schönen Helena war zu sehen. Bis zum Schluss der ganze Berg zu sehen war.  Ein würdiger Abschluss eines wundervollen Urlaubs.

28.06.2013

Im Frühtau zu Berge

wir ziehn fallera… Morgens früh geht es Richtung Mt Si. Es ist ein bewölkt auf dem Weg nach Osten. Ein paar Regentropfen fallen auf das Auto, gleichzeitig ist es warm, um nicht zu sagen es ist eklig schwül. Im Ort erstehe ich ein Parkticket  und dann geht es los. Im dichten Wald nach oben. In Haarnadelkurven den Berg rauf. 2,5 Stunden ohne nennenswerte Abwechslung. Mir ist warm, ich schwitze und gleichzeitig regnet es. Tolle Kombi, ich hasse dieses Wetter. 
Und dann plötzlich ist der Wald vorbei. Bumm, penkg, zack – aus und vorbei. Ich stehe vor einem Steinhaufen. Muss ja da auch irgendwo weitergehen. Ein bisschen klettern hat noch nie geschadet, also los. Nach wenigen Minuten tut sich mir ein Panorama auf, das ziemlich schön ist. Da liegt im Smog versteckt Seattle, dahinter das Meer und rundherum die Berge und eine weite Ebene.

Auf den Gipfelsteinen sitzend mache ich eine Pause, esse Bagel mit Frischkäse und genieße die Aussicht. Ein kleines Streifenhörnchen kommt dazu und hüpft durch die Gegend. Ich habe ein paar Nüsslein dabei und mein Kindchenschema siegt, ich muss dem Hörnchen einfach welche abgeben. Und siehe da, es nimmt dankbar ein paar Nüsslein und knuspert die lustig vor sich hin.
Der Rückweg geht umso schneller. Vielleicht ein bisschen langweilig, aber es geht schnell bergab. Im unteren Drittel gibt es ein paar Infotafeln, die die Geschichte des Waldes erzählen. Der Wald ist vor einigen Jahren mal halbwegs abgebrannt, hat sich aber schnell wieder erholt. Heute erinnern nur noch einige verkohlte Stellen an der Baumrinde an die vernichtenden Feuer. 
Die feuchte Wärme ist nicht gerade mein Lieblingswetter und ich denke immer wieder an die feuchte Kälte, die mich auf der anderen Seite des Atlantiks erwarten wird. Ein bisschen freue ich mich wieder auf zu Hause. Vielleicht auch ein bisschen mehr.


26.06.2013

Beware of the Vampire!

Jaja, ist schon ok. Ich passe auf. Ich habe ein Mückennetz fürs Gesicht und DEET-haltige Mückensprays mit. Und außerdem habe ich lange Klamotten an und benutze kein Parfum. Ich hatte zwar schon festgestellt, dass alles nicht hilft, aber versuche es weiterhin. Allerdings habe ich nirgendwo anders auf der Welt solche Schilder gesehen. Aber vielen Dank, liebe Nachbarn rund um den Ort Forks, dass Ihr Euch solche Gedanken um mein Wohlbefinden macht. Auch, dass es eine Vampirewatcharea gibt finde ich wirklich sympathisch. Aber ehrlich, die ganzen Vampirsouvenirs müssten nicht sein. Finde ich ziemlich zynisch, denen gegenüber die die Blutsauger nicht so mögen. Oh, es sind gar nicht die kleinen fliegenden Blutsauger gemeint? Sondern die, die Volvo fahren? Ach so… und ich dachte schon… Angefangen hat dieser Ausflug wieder mit einer Fährfahrt. Stunde vorher da sein, das kenne ich ja schon. Werde ich Fjord 1 vorschlagen. Ich nehme an, die können sich dann vor Lachen nicht mehr auf den Beinen halten. Die Fahrt ist schön und kaum einen Augenblick später bin ich auf der Olympic Peninsula. Ich fahre an der Küste entlang und komme bald in einem kleinen Ort. Etwas unsicher, ob es die Post oder das Museum ist, versuche ich mein Glück und kaufe Briefmarken. Hat geklappt, war wohl die Post. Das Gebäude, ein altes Holzhaus, gleicht auch drinnen einem Museum. Der Schalter, wie so in alten Zeiten üblich, vergittert. Die Kasse, mit Tasten zu eintippen und einem Klingelton macht das Bild perfekt. Die Postdame ist leider ebenfalls antiquarisch und arbeitet der Zeit entsprechend. Eine halbe Stunde später halte ich glücklich einen Stapel Briefmarken in der Hand (alle mit dem gleichen Wert, das Zählen hat so lange gedauert). Anlecken und draufkleben, in den Briefkasten werden und weiter. Vor vier Jahren bin ich hier schon mal langgefahren. Und ich kann mich an kaum was erinnern. Entweder hat sich alles so verändert oder ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Ich tippe (um mich selbst zu schonen) auf ersteres. Wenige Augenblicke später bin ich in Port Angeles und stürze mich ins Vergnügen. Also gehe ins Aquarium und Meermuseum. Ansonsten erkenne ich auch diesen Ort nicht weiter. Ob es am regen liegt? Dieses mal will ich aber nicht nur den Küstenweg entlang laufen, sondern in die Berge. Gerne bezahle ich wieder den Eintritt für den Nationalpark. Dafür bekomme ich auch wieder ein Museum zu sehen. Und dann fahre ich weiter den Berg rauf. Bumm, eine Wand steht vor mir. Zum Glück nur aus Wolken, aber so dicht, dass ich nur im Schneckentempo vorankomme. Oben angekommen, sehe ich die Wolkenwand unter mir. Es nieselt und es ist relativ frisch. Trotzdem gehe ich eine Runde spazieren. Wieder so ein Lehrpfad, mir macht das Spaß. 2,5 Stunden von Infotafel zu Infotafel. Dabei sehe ich natürlich nicht, das was ausgewiesen ist. Da ist meistens ne Wolke im Weg. Langsam zuckel ich weiter Richtung Forks. DER Vampirort. Gegen Abend bin ich da, sichere mir einen Platz in einer Hütte auf dem Campingplatz und gucke mir den Ort an. Kein Wunder, dass Bella gelinde gesagt, nicht vor Begeisterung gesprüht hat, als sie dort hin ziehen sollte. Abgesehen von den Souvenirgeschäften, einem Supermarkt, der Highschool und dem Busbahnhof gibt es nichts. Genau, nichts. Naja nichts, außer ziemlich viel Regen und Nebel. Um nicht von den kleinen Minivampiren aufgefressen zu werden, lasse ich den Abend früh in der Hütte ausklingen. Der Regen prasselt aufs Dach und ich bin froh, dass ich im Trockenen bin. Am nächsten Morgen will doch tatsächlich hin und wieder mal die Sonne vorbei gucken. Nichts wie los, ich will zum Strand und da zum Norway Point gehen, vorbei an Hole in the Rock. Der Sandstrand ist breit und rau. Überall liegt Treibholz, nicht nur kleine Zweige sondern große Baumstämme. Die 10km laufen sich leicht (sind auch nur 5km eine Strecke, also nur die Hälfte). Nur einen Fluss muss ich überqueren, auf einem Baumstamm balancierend. Kein Problem, klappt selbst bei meinem Gleichgewichtssinn. Und dann steh ich da vor einem Felsblock mit einem Loch drin - Hole in the Rock. Kreativer Name, oder?! Hier und da kleben ein paar von den bunten Seesternen an den Felsen und ich entdecke, dass man Anemonen dazu bringen kann, sich zu verschließen, wenn man sie mit einem Stöckchen anstupst. 
Frisch und munter bin ich nach diesem Spaziergang aufgelegt für neue Abenteuer im Regenwald. Links abgebogen und schon bin ich mitten drin. Moosbewachsene Bäume, Moos hier, Moos da. Ich gucke mir die bekanntesten Bäume an und entscheide mich dann für einen mittellangen Spaziergang. Meinen eigentlichen Favoriten kann ich nicht angucken, weil ein überraschend starker Regenguss den Weg weggespült hat. Aber auch der kürzere Weg ist beeindruckend. Kein Maler dieser Welt, kein Computer, kein Programmierer, nichts außer der Natur ist im Stande diese Fülle an Grüntönen zu schaffen. Beseelt von einer grandiosen Erfahrung, trete ich die Reise zurück in die Zivilisation an.

22.06.2013

Tanz auf dem Vulkan

Mitten in der Nacht, nein eigentlich noch früher sind wir durch die fast ausgestorbene Stadt gefahren, immer dem Berg entgegen. So langsam kroch dann auch die Sonne neben uns über den Horizont. Ein Frühstücksstopp bei I-HOP (Kategorie: muss man eher nicht wieder hin)und dann links abbiegen und immer tiefer in den Wald rein. Die Straße ist hübsch. Und einsam. Kurz vor dem Nationalpark (der natürlich Eintritt kostet - darüber später mehr) ist der Ort Elbe. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Mitten im "Ort" steht die evangelische Kirche. Steht auch so auf der Kirche drauf. Auf deutsch. Und dann stehen wir in der Schlange, um die Eintrittskarte zu kaufen. Kurz bezahlt und schon haben wir ein paar Prospekte mehr und fahren los zum Infozentrum. Der Parkplatz ist voll, aber wir finden eine kleine Lücke für den grünen Sparky und wandern los. Hier liegt noch tonnenweise Schnee und die Leute sind sehr unterschiedlich ausgerüstet. Von Shorts und Jandals bis zu voller Gletschermontur. Wir liegen mit unserer Ausrüstung irgendwo dazwischen. Immerhin haben wir Wanderschuhe und warme Klamotten und Regenzeug mit. Und Sonnencreme und Sonnenbrille und Proviant. Einzig der Schlitten fehlt. Langsam gehen wir den Berg hoch. Ein ausgetrampelter Schneepfad, seichte Steigung. Herrlich. An der ersten schneefreien Stelle machen wir Pause. Hinter uns pfeift es schrill und durchdringend. Huch? Eine Lawinenwarnung? Oder was soll das sein? Nee, wir sehen keine Lawine. Pfeift schon wieder... Wir gucken und suchen und überlegen. Und da, schon wieder! Einzig ein kleines Murmeltier sitzt unschuldig auf einem Stein. Das kann doch nicht solche Geräusche machen?!?! Und noch mal, dieses mal haben wir das Murmelchen beobachtet, wie es die Zähne zeigt. Das Geräusch kam ganz klar aus seiner Richtung. Wir gehen etwas näher und wieder pfeift das kleine Kerlchen. Laut, schrill, durchdringend. Murmeln tut der bestimmt nicht, der Name ist also falsch. Eigentlich müssten die Tierchen Kreischtier heißen, das wäre sehr viel deskriptiver. Wir gehen weiter den Berg rauf. Es ist ein bisschen anstrengend, der Schnee ist durch die Sonne weich geworden und oft stecken die Füße bis zu den Oberschenkeln fest. Mühsam geht es vorwärts. An einer recht steilen Stelle, bin ich sehr dankbar für den weichen Schnee. Der Weg nach oben ist zwar mehr als doppelt so lang, aber wir kommen sicher hoch. Dann heißt es auf einem schmalen Grat balancieren. Machen wir mit Links. Hier, an der schmalsten Stelle sind Rinnen im Schnee. Es gibt einige Menschen, die freiwillig ihren Kopf riskieren und darunter rutschen. Wir nicht, wir ziehen weiter, den Berg rauf. Schließlich wollen wir bis fast zum Basecamp. Bis ganz hoch dürfen nicht, haben wir dich keine Genehmigung gekauft. Bei gefühlten 10000ft ist Schluss (die genaue Höhe weiß ich nicht, steht halt nicht immer in den Schnee geschrieben). Wir machen eine wohlverdiente Pause und genießen mitgebrachte Brote und die Aussicht. Ich rätsel noch mit der Karte rum, welcher Berg wohl wie heißen könnte, da hat Naemi schon festgestellt, dass wir direkt in den offenen Krater von Mt St Helens gucken können. Ja, stimmt, ich sehe einen halboffenen Berg mit einem schwarzen Hubbel in der Mitte. Das wird der Lavadom im Krater von Helene sein. Wow, was für ein Ausblick. Weitere Berge der Cascades (deren Namen ich alle schon wieder vergessen habe) liegen zu unseren Füßen. Ganz langsam schiebt sich eine Wolke vor den Gipfel - das war nicht abgemacht. Wir stehen mitten im Schnee, haben keinen Helikopterrückflug vorbestellt und jetzt kommt da einfach eine Wolke. Ich versuche es mit allen Mitteln, die ich mir aus den Fingern saugen kann, die Wolke zu vertreiben. Nichts funktioniert. Die Wolke bleibt da, schlimmer noch, sie wird größer und größer und scheint sich direkt um den Berg zu legen. Gut, dann gehen wir halt. Blöde Wolke. Der Rückweg ist gerade zu ein Kinderspiel. Leichtfüßig geht es den Berg runter, der Schnee federt jeglichen Stoß ab. Und dann sind wir plötzlich wieder bei der Stelle mit den Rinnen. Und auf einmal sitze ich in so einer Rinne und Rutsche den Hang runter. Erst denke ich an die armen Neurochirurgen, die meine Wirbelsäule wieder zusammenflicken müssen, dann stelle ich fest, dass es Spaß macht. Ich kann mit den Füßen bremsen und außerdem pflüge ich einen Schneeberg zusammen, der mich nach der Hälfte der Fahrt eh stoppen und neu anfangen lässt. Oh bitte, lass uns noch mal da hoch klettern und noch mal rutschen. Naemi findet, der Weg rauf war zu lang. Also kein zweites mal. Statt dessen geht es weiter den Berg runter, wir wollen wieder Frühling und Sommer haben. Nachmittags sind wir dann auch wieder beim Besucherzentrum. Die Ausstellung zeigt ein bisschen was über Vulkane und ein bisschen was über die Natur hier in der Umgebung. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, die Amerikaner hätten die Vulkane erfunden, so wird es auf jeden Fall präsentiert. So, Nachmittag, was machen wir jetzt? Noch mal wandern gehen? Mit nassen Hosen? Eher nicht. Schnell die trockenen Trainingshosen angezogen, die im Auto warten und auf zur Rundfahrt durch den Park. Wir fahren am Reflection Lake vorbei. Tss, der reflektiert das Sonnenlicht, sonst nichts. Ist ja noch zugefroren. Dass der sich trotzdem Reflection Lake nennen darf. Ich glaube, ich werden den See verklagen. Immerhin hat er mir falsche Tatsachen vorgespiegelt und mich nicht gewarnt, dass ich enttäuscht werden könnte. Reicht doch für mindestens eine großzügige Schmerzensgeldzahlung und ein paar Jahre Gefängnis für den See. Oder?!
Weiter geht es zum südlichen Ende des Parks. Immer wieder phantastische Ausblicke auf den Rainier-Vulkan. Langsam will die Sonne schlafen gehen und der Himmel färbt sich rosa. An einem wunderbaren Aussichtspunkt machen wir einen Abendessenstopp. Risotto im Sonnenuntergang, dazu ist es angenehm warm und die Mücken lassen zumindest Naemi in Ruhe. 
Einen letzten Stopp legen wir nahe des Besucherzentrums ein. Rotorangegoldrosalila verfärbt sich der Himmel und bildet mit Wolken und Berg ein unbeschreibliches Schauspiel. Kaum zu glauben, dass mein Gehirn mit so vielen Eindrücken umgehen kann. Manchmal habe ich das Gefühl, mir platzt der Kopf vor tollen Bildern.

21.06.2013

Ich glaub, ich steh im Wald


Nachdem das Fernsehen mir bei gebracht hat, dass es im Columbia Plateau einen versteinerten Wald gibt, habe ich aus Spaß Google befragt, wo das denn ist. Zur Sicherheit habe ich auch noch ganz viele andere Orte gesucht, damit die CIA und NSA nicht auf die Idee kommt mich mit einem großen Empfangskomitee bei den Bäumen willkommen zu heißen.
Noch vor Sonnenaufgang sitze ich im kleinen grünen Sparky und fahre durch Seattle. Es sind soooo viele Autos und sooo viele Menschen und sooo viel Stau. Naja, kein richtiger Stau, aber zähfließender Verkehr. Und es nieselt ein bisschen. Macht nix, ich habe es ja warm und trocken im Auto.  3-4 Stunden fährt man bis in die Wüste. Washington hat fast alles an Klima, was man sich so vorstellen kann. Regenwald, maritim/gemäßigt, alpin und eben Wüste. Stimmt, kaum bin ich über die ersten Berge (hier sind es die Cascades, in Kanada und weiter südlich in den USA heißen sie Rocky Mountains) ist es trocken und warm. Hatte es nicht eben noch geregnet und waren da nicht auch Skilifte am Straßenrand? Ganz groß ausgeschildert ist ein Windenergiepark. Auf einem Parkplatz lese ich den Flyer und entschließe mich dagegen. Ich wusste nämlich schon, dass diese Windmühlen Strom erzeugen können, ohne Kohle oder Öl zu verbrennen. Bin wohl einigermaßen fortschrittlich, was das angeht.

Das Autothermometer zeigt inzwischen über 80° an. Alleine beim Gedanken daran, bekomme ich schon Schweißausbrüche. Das Aussteigen am Wanderungsausgangspunkt war dann nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte. Nee, eigentlich war es sogar ganz angenehm. Im Gingko Petrified Forest Park kann man 1. Wunderbar wandern und 2. Mit etwas Glück auch Klapperschlangen sehen. Ersteres habe ich gemacht, letzteres wird sich wohl eher als Tasche, Schuh oder Suppe zu mir verirren, als sich zu zeigen. Nicht das ich es wollen würde, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich so mir so ein Tier lebendig über den Weg läuft ist so gering, dass es mir wohl eher in anderer Form begegnen wird. Tiere, die ich spannend finde, mögen mich alle nicht. Über die kleinen Mückilein, die es auch in der Wüste zu Hauf gibt, muss ich nicht mehr als „Schlüsselart“ sagen, oder?! 
Bewaffnet mit 2 großen Wasserflaschen, einem über-den-Hut-Mückennetz, Sonnencreme und Aprikosen, gehe ich los. Seichte Steigung,  gute Wege, aber wo sind die Bäume und die Klapperschlangen? Nach 45 Minuten (das kommt davon, wenn man den Wanderweg geht und nicht den Erklärungspfad) sehe ich den ersten Baum. In einem vergitterten Loch im Boden, liegt ein Stein und daneben steht ein Schild mit „Gingko“. Ok, ich hätte es jetzt nicht als Baum erkannt, sieht halt aus wie ein Stein. Ich ziehe weiter und komme an weiteren Steinbäumen vorbei. Alle sind in kleine Käfige gesperrt, damit die bösen Menschen (alles gut, ich meine nicht die aus den Schurkenstaaten) keine Bäume klauen. Nach 2 Stunden Rundweg bin ich wieder am Auto und sehr dankbar für ein bisschen Schatten. Auf dem Weg zurück zur Hauptstraße komme ich noch am Souvenirgeschäft und am Infozentrum vorbei. Beides ist eher wenig aussagekräftig. Da ich im vorher schon über die Entstehung der versteinerten Bäume gelesen hatte, war die Kurzfassung im Infozentrum nicht sehr aufschlussreich. Aber nett gemacht war es trotzdem und von der Terrasse konnte ich wunderbar über den Columbia River gucken. 

Genau da wo ich hingeguckt habe, bin ich dann auch hingefahren. Auf der anderen Seite vom Columbia River gibt es Basaltsäulen und ein natürliches Amphitheater. Diese Basaltsäulen sind faszinierend. Ganz akkurat angeordnet stehen sie mit ihren sechs Ecken in der Gegend rum. Spontan abgekühlte Lava. Ich versuche mir das vorzustellen, wie es hier mal ausgesehen haben muss. Flüssige Lavaströme, dampfende Gesteine, und rauchende Löcher in der Erde. Wahrscheinlich war es sogar noch wärmer als es jetzt ist. Und es ist schon megaheiß. Außer den Basaltsäulen und dem Amphitheater gucke ich mir nichts mehr an. Ich habe keine Energie für weitere Ausflüge in die Wildnis. Ich lasse die Wüste mit ihrem grauen Schleier hinter mir. Also ich fahre durch sie durch. Die Landschaft ist kaum zu beschreiben. Alles ist grau, aber nicht regengrau oder farblos grau, sondern sehr graufarbig. Die Bodenbedeckung (Erde, Stein...) ist halt anthrazitfarben und der Staub der dadurch aufgewirbelt wird auch. Die Pflanzen sehen aus wie riesig große Sukkulenten. Und mittendurch zieht die I-90. Jetzt bin ich fast ein bisschen dankbar für diese gut ausgebaute Straße mitten im Nichts. In nur 3 Stunden bin ich wieder in Seattle und falle, kaum ins Haus gekommen, müde ins Bett. So ein Tag im Wald in der Wüste ist halt anstrengend.