Nachdem klar war,
dass Tibet nun ganz sicher nichts wird, wurde schnell umgeplant. Ich habe einen
Guide an die Seite bekommen und es konnte losgehen. Wohin eigentlich? Spontaner
Ausbruch (auch in Ermangelung anderer Ideen meinerseits) Annapurna Circuit! Wir
haben reichlich Zeit für die Runde und wenn alles gut geht (meine Kondition
durchhält und wir das special trekking permit bekommen) werden wir nach Phoo
laufen (oder Phu oder Pho, gibt da mehrere Schreibweisen). Erstmal mit einem
Minibus raus aus der Stadt. Es ist früh und regnet, trotzdem sind die Straßen
voll. Wo Kathmandu anfängt und wo es aufhört, weiß ich nicht genau. Aber
irgendwann sind wir sicher außerhalb der Stadtgrenzen. Es sind kaum noch Häuser
und erst recht keine anderen Autos. Abgesehen von alten LKW, Bussen und
Büffeln, müssen wir nur Schlaglöchern, Flüssen und Familien ausweichen. Nach
europäischem Verständnis dauert die Fahrt etwas länger, aber ich finde, wir
kommen erstaunlich schnell voran. Mittags machen wir eine Pause und essen Dal
Bhaat. Das erste mal auf dieser Reise. Und dann kaufen wir Bananen, Mango und
Ananas. Das Engelchen auf meiner Schulter sagt: Cook it, peel it or forget it. Das
Teufelchen sagt: Essen!!!Bakterien, Toxine und Viren spielen keine Rolle,
solange es gut schmeckt. Die Ananas und Mango sind geschält und in Stückchen
geschnitten. Die Bananen schäle ich selbst. Also kein Problem, oder?! Meine
Asbestbakterienflora lächelt müde, als sie all die schönen neuen Freunde im
Bauch begrüßt und macht weiter wie bisher. Erste Erkenntnis: Solange es was zu
essen ist, schadet es mir nicht (gilt nicht für Schimmelkäse und andere Dinge,
die ich nicht mag).
In Besi Sahar
könnten wir anfangen zu laufen. Der Bus soll aber noch ein Stückchen weiterfahren,
bis zum ersten Erdrutsch. Und wir dürfen mit. OK, aber eigentlich wollte ich
doch laufen?! Als wir 15 Minuten später am Erdrutsch angekommen sind, finde ich
es gar nicht so schlimm, dass wir bis dahin fahren durften. Durch den
knietiefen Matsch überqueren wir das erste Hindernis der Wanderung. Ich bin
nach 5 Minuten völlig nassgeschwitzt. Wie soll das nur weitergehen? Ich mag
doch feuchte Wärme nicht. 4 Stunden und 1,5l Wasser später kommen wir in Jagat
an. Hier wollen wir übernachten. Das Guest House ist sauber, das Zimmer
einfach. Erstmal einen Tee trinken. Chiya mit und ohne Milch, beides gut. Ich
dusche mich unter einem Wasserhahn mit kaltem Wasser, lege mich ne halbe Stunde
hin und freue mich über ein wohlverdientes Abendessen. Ein paar Mücken fliegen
um mich herum und freuen sich ebenfalls über ein wohlverdientes(?) Abendessen.
Alt werde ich an diesem Abend nicht. Pünktlich zum Gewitterstart um 20 Uhr
schlummere ich schon.
Nach einem
Frühstück aus tibetischem Brot und Tee gehen wir früh los. Pasang zeigt mit
Blumen am Wegrand. Ich staune nicht schlecht, als er mich auf das Unkraut
aufmerksam macht. Cannabis??? Joa, irgendwo muss es ja auch herkommen. Die
Leute benutzen es nicht mehr und nicht weniger als in Europa. Aber es ist halt
da. Wundern tut mich auch, dass wir Nepal nicht als Erdbeer-Nation kennen.
Überall wachsen Erdbeeren. Leider blühen sie jetzt erst, auf die Früchte müsste
ich wohl noch ein paar Wochen warten. Nächstes mal plane ich besser!
Der Weg geht
bergauf und bergab. Mehr hoch als runter und von Treppen über Schotterwege und
schmale Pfade. Es ist unsagbar heiß und feucht, ich schwitze und frage mich,
warum ich mir das überhaupt antue. Aber dann, bei einer Teepause in einem
kleinen Restaurant, geben die Wolken den Blick auf Manasulu frei. 8142m
strahlen mich an. Nein, ich bin hier richtig, egal wie warm es ist. Und mit
steigender Höhe wird es auch immer kühler. Die ersten Tage auf dem Trek
verlaufen ähnlich. Morgens frühstücken, dann los, Teepause, weiter,
Mittagspause, weiter und nachmittags ankommen. Als wir nach Danakuye laufen,
fängt es an zu regnen. Bis wir im Hotel sind, nieselt es nur leicht. Kaum habe
ich ein Zimmer bekommen, die 8-beinigen Mitbewohner verscheucht und mir ein
trockenes T-Shirt angezogen, geht der Wolkenbruch los. Er dauert fast die ganze
Nacht an. Abends gibt es die 2. Warme Mahlzeit des Tages und immer mal wieder ein bisschen Sprachunterricht. Die wichtigsten Worte für Tee, Reis und Linsen
habe ich schnell gelernt. Ein bisschen wundern tut mich, dass Nepali ein Volk
sind, für das Wort „Danke“ eher ein Fremdwort ist. Das Wort ist „künstlich
eingeführt“ worden, um auch so ein Wort zu haben. Man benutzt es aber eher
selten. Gut, welcher Deutsche benutzt schon das Wort sitt für keinen Durst
mehr?
Nach 3 Tagen sind
wir in Koto. Hier werden wir den Annapurna Circuit Trail verlassen und nach
Meta, Phu und Naar gehen. Mein special trekking permit for restricted areas
trägt die Nummer 248. Vor mir waren dieses Jahr also erst 247 Wanderer hier.
Abendteuer, ich komme!