21.07.2009

Was, schon vorbei???

Nach dem wunderbar entspannten Aufenthalt in Sun Peaks sollte es weiter gehen nach Lillooet. Hier hat mal der kanadische Goldrausch begonnen. Die Stadt ist seitdem immer nur kleiner geworden und hat sich keine neue Attraktion ausgedacht, die es ermöglichen könnte, Menschen anzuziehen. Also ein kleines Goldgräberstädtchen mit wenig zum Angucken. Dafür mit einem Couchsurufing-Administrator. Also auch Couchsurfing geht in Kanada. Ist zwar spannend, bei einem komplett fremden auf dem Sofa (oder Gästebett) zu übernachten, aber eine Erfahrung ist es wert. Oh halt, es gibt ja noch eine deutsche Bäckerei in Lillooet. Dort gibt es alles, was es auch bei deutschen Bäckern in Deutschland gibt: Brownies, Nanaimo-Bar.... Ok und Bretzeln und Mohnkuchen und Brot, aber keine Brötchen.
Der Weg nach Vancouver führt weiter über Whistler (eine wahre Schande, dass das Hostel mit DEM Panorama geschlossen wird). Die Baustelle, die vor einiger Zeit 30km lang war, ist nahezu fertig. Nicht mal 30 Minuten habe ich gebraucht, um mit dem Auto dort entlangzufahren. Waren es doch auch dem Hinweg noch gute 70 Minuten. In Whistler ist es ebenfalls warm. 35° sind hier scheinbar auch im Gebirge keine Seltenheit. Zum Glück gibt es in Whistler einen von Kanadas besten Eisläden. Cows Eis hat nicht nur die kuhlsten Sorten, die kuhlsten Ideen, sondern auch wirklich das leckerste Eis, das sogar noch besser ist als das von D Dutchman Diary. Sorten wie Moo York Cheesecake und Moosedroppings lassen den noch so heißen Tag erträglich werden. Alleine für das Eis würde ich wiederkommen. Für den Olympia-Wahnsinn allerdings nicht. Kein Geschäft, kein Hostel und kein Restaurant kommt an Olympia vorbei. Zu den olympischen Spielen werden vorsorglich schon mal die Preise angehoben und reichlich Werbung gemacht. Nein Danke, dann komme ich lieber nicht im Frühjahr 2010 zu den Spielen...
Meine Whistler-Wanderung ist dank der Hitze recht kurz und wieder mal bärenlos verlaufen. Schade, kein einziger Bär hat meinen Weg gekreuzt. Warum mögen die mich eigentlich nicht?
Da die Zeit im Zeitraffer an mir vorbeigezogen ist, steht nun ein letztes mal auf dieser Reise Vancouver auf dem Programm. Fast schon vertraut wirkt die große Stadt. Komisch, ich war doch erst 3 Tage hier. Das Ethnologiemuseum ist nicht sehenswert. Die wenigen Exponate sind zwar schön dargestellt, aber das reicht mir nicht. Ich hätte gerne mehr über die Kultur der First Nation People erfahren. Wenn nicht im Ethnologie Museum, wo dann? Leider habe ich ziemlich kurz darauf die Erfahrung gemacht... In Gastown, etwas abseits der Hauptstraße. Dort gibt es viele First Nation People. Die meistens recht ungepflegt und oft wohl auch dem Alkohol näher als der rauen Wirklichkeit. Ob das Integration auf kanadisch ist? Ich hoffe nicht, erlebe es aber leider doch. Dazu fällt mir nur eins ein: grauenvoll! Während ich in der warmen Abendsonne an den traurigen Gestalten vorbei, Richtung Chinatown gehe, frage ich mich immer wieder nach dem Warum. Aber eine Antwort finde ich nicht. Chinatown, nun ja, das habe ich in den vergangenen Monaten deutlich bunter, lebendiger und authentischer erlebt. Vielleicht ist das kanadische Chinatown einfach weniger bunt, weniger lebendig und doch ein bisschen europäisch?!
Um der Sahnehaube auf meinem Leben noch die Schokoraspeln aufzusetzen, habe ich mir am letzten Tag noch einen weiteren Traum erfüllt. Fliegen... Nicht nur im großen Lufti-Flieger, sondern ganz ohne schützende Hülle um mich herum. Auf dem Boden eines Flugzeugs sitzend, gegen die Flugrichtung, an einen völlig fremden gekettet bis auf 10500ft (was in etwa 3,2004km entspricht ging es ziemlich steil hoch. Der Himmel blau, die Wölkchen weiß und die Welt da unten so klein. Dann ging die Tür auf und schwups, kullerte mein Körper durch die Luft. Mit rasender Geschwindigkeit presst sich die Luft in meine Nase, mein Kopf wird aufgeblasen und ja, ich fliege... Ein unbeschreibliches Gefühl. So unbeschreiblich, dass mir die Worte fehlen. Fliegen ist einfach fliegen... Zum Sterben schön - so zu sterben (vielleicht ohne Aufprall) - das Fliegen ist es wert!
Viel zu schnell sind die 50 Sekunden freier Fall vergangen und der Schirm öffnet sich, viel zu schnell bin ich am Schirm hängend nach unten geschwebt und wieder auf dem Boden der Tatsachen und viel zu schnell, wirklich viel viel zu schnell war diese Reise vorbei. Ich bin doch grad erst zu Hause losgegangen, habe doch grad erst das erste Visum beantragt und meine Packliste gemacht. Und habe ich nicht gerade erst angefangen, die Welt zu erleben???
Ja, das war gerade erst! Und gerade jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich die Welt von einer anderen Seite zu erleben anfangen soll. Und zwar von der Kopfseite des grünen Tuches. Das wird sicher auch spannend! Ganz anders spannend als die Welt da draußen, aber eben auch aufregend.