29.10.2014

Wilde Tiere ganz nah

So schnell wie die Hochzeit gekommen war, war sie auch schon wieder vorbei. Ein bisschen Planung war wohl auch dabei - der Raum durfte ja bis um 01.30 Uhr befeiert werden. Schön wars... Und jetzt? Naja, weiter, oder?! Mit Kind und Kegel im Gepäck nach Apalachicola, ein Dorf mitten im State Park. Die Wegbeschreibung ist nett, beim Stoppschild rechts ab und dann genau 2 Meilen bis zu einem überwucherten Gartentor. Nichts leichter als das. Aber erstmal einkaufen. Wallmart ist im hungrigen Zustand eine Katastrophe. Fast hätten wir den Supermarkt geplündert. Alles sah soooo lecker aus. Gut bepackt mit leckeren Dingen kommen wir also an unserem Quartier an. Die Hosts sind weltoffene, ökologisch angehauchte Mitfünfziger. Wir alle sind in irgendeiner Art und Weise auf einer Wellenlänge. Lange klönen ist allerdings an diesem Abend nicht mehr drin, die Hochzeit steckt uns doch noch irgendwie in den Knochen. Tjaja, damals als wir alle noch jung waren. Ach quatsch, wir sind jung und nichts steckt in unserem Knochen. Wir sind einfach nur müde und gehen gegen Mitternacht ins Bett. Morgen wollen wir schließlich paddeln. Etwas abenteuerlich die Konstruktion aus Schwimmweste und Babyschale, aber das Kind hat den Ausflug überlebt, kein Krokodil hat uns angegriffen und sogar die Mücken waren wenig aktiv. 
Ja paddeln, ein Kajak, ein Kanu. Auf halber Strecke wechseln wir. Lustige Angelegenheit, mitten im Sumpf - was anderes ist es ja nicht - vom Kajak ins Kanu zu steigen und umgekehrt. Keiner ist nass geworden, alle haben es geschafft und sind guter Dinge. Aus der Ferne sehen wir ein paar Schildkröten, aus der Nähe einen Alligator. Ich finde die ja ganz knuffig, aber ob ich die in meinen Boot haben möchte? Vielleicht eher nicht. Lieber auf dem Teller. Denn gut gewürzt gefallen mir diese Tierchen doch immer noch am besten. 
Ein langer Paddeltag geht zu Ende und zum Abschluss machen wir noch einen Ausflug in den nahen Park. Wir gehen eine Runde spazieren, nicht aufregend, nicht anstrengend. Einfach nur spazieren. Immerhin haben wir die weißen Hörnchen gesehen, die da rumlaufen. Und eine Schlange. Ja, manchmal trauen sich die wilden Tiere sogar raus, wenn ich in der Nähe bin. Das war schon mal ein guter Anfang.

Unser nächster Stopp ist Cedar Key. Nicht nur in Südflorida gibt es diese kleine Schären Inseln, die sich Keys nennen, sondern auch an der Goldküste im nördlichen Teil des Staates. Cedar Key ist nicht so bekannt... Aber immerhin gibt es dort ein Hotel, in dem es spukt. Zumindest haben Leute behauptet, dass es da spukt. Und wir haben ein Zimmer gebucht. Für amerikanische Verhältnisse alt, sehr alt, also denkmalgeschützt. Für geschichtsgewohnte Europäer halt ein älteres Gebäude. Auf jeden Fall ganz nett mit einer feinen Terrasse mit Hollywoodschaukel. Wir genießen den Sonnenuntergang bei molliger Wärme bevor es nachts doch eher frisch wird. Nein, nicht kalt, aber einen leichten Pulli brauche ich schon. Wie so oft, gilt auch hier: der Weg ist das Ziel. Palmen, Strand, Wasser - und das in unterschiedlichen Formationen. Dazwischen Sumpf und Matsch. Eine ganz andere Welt, als die kleine Welt zu Hause, wo es auch mal matschig und das Wasser nie weit weg ist. Schon lustig, wie sich die Welten so unterscheiden. 

Lokale Spezialitäten sind ja dazu da, probiert zu werden. Also stürzen wir uns auf floridianisches Seafood. Und gatorbites. Beides, je nach Zubereitung, von extrem lecker bis ganz essbar. Die amerikanischen Eissorten, alles was die Erdnussbutterindustrie zu bieten hat, Kürbispie, -muffins und -schokolade - ein Schlaraffenurlaub. Zusammen genießen wir die Zeit, lassen uns verwöhnen und das Leben ruhig angehen. 

Von Cedar Key weiter nach Crystal Water. Hier gibt es eine Quelle oder 3 Quellen - wie man es nimmt, die so klar sind, dass sie an einen Kristall erinnern. Klar, dass wir das angucken wollen. Das Hotel, naja. Überlebbar würde ich sagen. Aber direkt am Wasser und bei der Bootsfirma. Morgens früh, in Neoprenanzüge gequetscht, sitzen wir leicht frierende auf einem Boot und schippern durch die Schären (nee, keine Schären, aber sieht so ähnlich aus). Irgendwann halten wir an. Hier schwimmt eine Seekuh vor sich hin. Platsch und schon sind alle im Wasser. Gewöhnungsbedürftig, am Anfang etwas kalt. Und wo soll es jetzt so kristallklar sein? Hier ganz sicher nicht. Ein wenig grünlich vielleicht. Aber da dümpelt die Seekuh vor sich hin. Ich schwimme so vor mich hin und plötzlich bin ich direkt über der Kuh. In meinem Kopf spielen die Gedanken mal wieder Bowling. Was ist denn, wenn die Seekuh auftaucht und mich nicht sieht. Schwimmt die dann einfach gegen mich? Und merke ich das, bevor sie mich umwirft? Zum Glück ist es nicht soweit gekommen, die Seekuh ist einfach nach vorne geschwommen. Zwei weitere Seekuhstopps, bei denen ich zwar eine Kuh streicheln konnte, aber nicht umgeworfen wurde folgen. Faszinierend! Und dann halten wir und sollen einen langen Kanal entlangschwimmen. Im Winter, wenn die Seekühe aus dem kalten Ozean in die wärmeren Innengewässer schwimmen, gibt es hier richtige Seekuhkrankenhäuser für verletzte Tiere. Ganz schön süß!

Also Kanalschwimmen. Der Sand hier ist viel heller als eben noch. Und dann weitet sich der Kanal zu einem Becken. Unter mir mehrere Meter Wasser und ich sehe alles, so klar ist es. Die Quellen liegen ganz eng zusammen und lassen ihr Wasser sprudeln. Sogar das kann ich sehen. Leider ist das Wasser noch ziemlich kühl und ich bin ganz dankbar, dass es im Schatten inzwischen wärmer geworden ist. Und gegen die warme Dusche, wieder an Land, hatte ich auch nichts. Ich würde sogar wieder ins Wasser hüpfen, um noch mehr Seekühe zu sehen und zu streicheln. Irgendwie lustig, diese Tierchen.