21.08.2006

Harar, die ummauerte Stadt

Morgens ging es pünktlich los wieder in die Stadt. Schon um neun Uhr war es warm. Unser erster Weg führte ins Mermaid-Cafe: frühstücken. Zum Tee gab es Blätterteig mit Gemüse-Rührei gefüllt. Sehr lecker, wenn auch scharf, da das Gemüse Chilischote hieß.
Die Stadt brummte schon früh morgens. Auf dem Marktplatz ist jeden Morgen Chat-Markt. Chat hat ähnliche Eigenschaften wie Haschisch und ist zumindest in Harar frei verkäuflich. Eigentlich jeder Mann kaut diese Blätter. Chatkauende Frauen habe ich fast gar nicht gesehen.
Der Markt war beeindruckend. Um etwa zehn Verkäuferinnen scharten sich bestimmt 100 Menschen. Das Feilschen war ohrenbetäubend. Gekauft habe ich auf dem Chat-Markt nichts. Zu groß war die Angst vor der Droge. Weiter durch die Altstadt. Es ist warm und von überall dringen die Faranji-Rufe an uns heran. Wir gucken uns ein altes Haus an, das in einer für Harar typischen Bauweise gebaut wurde. Von dem großen Innenhof aus können wir in den Ausstellungsraum gehen und allerhand Kram angucken. Säbel, Dolche, Schwerter, aber auch Schmuck, Kleidung und Kissen hängen an den Wänden. Völlig benebelt von den vielen Eindrücken ziehen wir weiter durch die wahnsinnig verwinkelte Stadt. Werden von Jungs abgefangen, die uns eine Kaffeeröterei zeigen und den frischen Kaffee probieren lassen. Ich durfte selber Kaffeebohnen aus der Röstmaschine nehmen und daran riechen und sie essen. Man kann die Bohnen sogar so essen. Und so schlecht schmecken die gar nicht.
Vor der Kaffeerösterei warten schon wieder andere Kinder, die uns unbedingt das Geschäft ihrer Eltern zeigen wollen. Da es noch früh (mittags) ist, gehen wir mit. In einem wiederum sehr hübschen Innenhof werden wir gleich begrüßt. Und in einen kleinen Raum gezerrt. Dort gibt es wieder alles zu kaufen, was man eigentlich auch nicht braucht. Vieles aus Kenia importiert. Beim Stöbern fällt mein Blick auf eine kleine Vitrine in der cremefarbene Figuren stehen. Ob das elfenbein ist, möchte ich wissen. Natürlich lautet die Antwort. Ich bin entsetzt und möchte den Laden so schnell wie möglich verlassen. Ich will in keinem Geschäft sein, in dem Elfenbein verkauft wird. Die Besitzerin versucht uns beizubringen, dass Elfenbein nichts schlechtes ist und dass wir bis zu 200g besitzen dürften.
Trotzdem verlassen wir ganz schnell das Grundstück. Weiter bummeln wir durch die Gassen, durch die nicht mal Pferdewagen passen würden.
Chacha, unser Guide, hat uns empfohlen im AliBaba essen zu gehen. Da es schon nachmittag ist, und wir richtig hungrig sind, machen wir uns auf den Weg. Wie üblich gibt es keine Speisekarte. Es gibt auch keine Auswahl. Es gibt Reis.
Kurze Zeit später hat jede von uns einen Teller mit dampfendem Reis und rötlicher Sauce vor sich auf dem Teller. Der Reis ist oberköstlich. Mit Zimt und Kardamom gewürzt, leicht salzig und scharf. Die Sauce, von der ich eigentlich nicht wissen wollte, was drin war, war auch erstaunlich lecker. Ebenfalls mit Zimt gewürzt und scharf. Die kleinen Bröckchen versuche ich vergeblich als Gemüse zu interpretieren. Es gelingt mir aber nicht. Am Abend klärt Chacha mich auf: Es war Kamel... Ein Feiertag, an dem traditionell Fleisch gegessen wird. In diesem Fall Kamel. Immerhin war es verdammt lecker.
Nach dem Essen sind wir über die großen Märkte gelaufen. Der muslimische Markt liegt innerhalb der Stadtmauer. Ein paar Kinder spielen mit einer Fußballhülle. Aus Spaß am Leben kicke ich mit. Die Kinder freuen sich riesig. Bestimmt eine halbe Stunde spielen wir so. Plötzlich sind wir in der "Fleisch-Abteilung". Große Neugier macht sich breit. WIr beenden das Plattballschießen und werfen einen Blick auf die Fleischverkäufer. Es war ganz schön warm heute und das Fleisch hing die ganze Zeit, nur vom Luftzug der Millionen Fliegen gekühlt, in der Sonne.
Etwas abseits sitzt ein Mann vor einem schwarzen Haufen. Beim näher kommen entpuppt sich der Haufen als ein von Fliegen belagerter Kamelschädel. Gut, dass ich da noch nicht wusste, was ich zum Mittag gegessen hatte...
Der Mann schabt mit einer Art Messer die letzten Fleischreste vom Knochen. Yummy!
Nach diesem kleinen Schock geht's weiter zum christlichen Markt, der befindet sich außerhalb der Stadtmauer. Hier ist es ähnlich bunt, wie innerhalb der Mauern. Mich faszinieren immer wieder die Gewürze. Und hier auch die Butter und die Milch, die natürlich vollkommen unverarbeitet und ungekühlt den Tag überlebt.
Inzwischen ist es schon fast Abend geworden. Nach einem kurzen Abstecher ins Hotel, machen wir uns auf den traditionellen Heiler zu besuchen. Chacha nimmt uns wieder mit und dann stehe ich auch schon in dem ehemaligen Palast von Kaiser Haile Selassie. Ein grünes Haus, das mich eher an Indien erinnert, als an Afrika. Der Heiler ist nicht fähig zu heilen. Er hat zuviel Chat gekaut. Überall liegen und sitzen chat-kauende Männer herum. Die Atmosphäre ist mystisch und ich bin froh, als wir wieder losgehen, um gemeinsam noch einen Chai oder Makyato zu trinken.
Abends fängt es an zu regenen. Wir sitzen auf dem Balkon des Hotels und essen eine Knolle und Sambussa. In der Ferne meinen wir das Lachen der Hyänen zu hören. Aber ist es wirklich in der Ferne? Nein, direkt vor dem Hotel laufen die Tiere umher und suchen im Abfall nach Essbarem. Ein Rudel von mindestens 12 Tieren ist unterwegs. Irre, die Viecher laufen direkt durch die Stadt. Nach einer ganzen Zeit des Staunens, geben wir uns dem Schlafbedürfnis geschlagen. Am nächsten Morgen klingelt nämlich wieder früh der Wecker...