21.08.2006

Harar und Dire Dawa

Ich hatte mir in den Kopf gesetzt unbedingt Dire Dawa und Harar zu sehen. Also sind Martina und ich los! Die einzige Eisenbahnstrecke Äthiopiens verläuft von Addis über Dire Dawa nach Djibouti. Am Bahnhof saßem drei Männer mit ihren Maschinengewehren. Beim Versuch das Bahnhofsgebäude zu betreten wurden wir sehr schnell zurückgerufen. Wir könnten da nicht rein. Also habe ich die Männer vor dem Bahnhof gefragt (die uns übrigens auch zurück gerufen hatten), wann der Zug fährt. "No train today!" Meine Frage nach einem Zug morgen wurde mit "No train tomorrow!" beantwortet. Da auch in den nächsten Tagen "NO TRAIN!" kein Zug fahren würde, haben wir uns für den Bus entschieden, der morgens um sechs Uhr abfährt. Die Nacht vor unserer Abfahrt haben wir im Gerba-Hotel geschlafen. Das war ein Abendteuer für sich. Komisch war schonmal, dass wir keine Registration ausfüllen mussten. Und billig war es außerdem. Für die Nacht haben wir zu zweit insgesamt 25 Birr bezahlt (also 2,50€). Die drei Hotalzimmer lagen hinter der Bar. Im Nachhinein bin ich relativ sicher, dass wir das Zimmer auch für eine kürzere Zeit, (so eine Stunde!) hätten bekommen können.
Abends wurden wir dann von unseren Zimmergenossen begrüsst. Die Kakerlaken sind zu der ohrenbetäubenden Musik an den Wänden herum gelaufen. Ein kurzer Check ließ deutlich werden, dass es absolut keinen Sinn machen würde alle Kakerlaken zu erschlagen. Also haben wir nur die erschlagen, die größer waren als 4 cm.
Zum Glück war das Zimmer relativ dunkel, so dass ich nicht sagen kann, wie dreckig das Bett wirklich war. Ich hatte ja meinen Schlafsack!
Am nächsten Morgen ging es früh los. Busche, unser Taxifahrer, hat uns zum Busbahnhof gebracht. Als wir auf ihn gewartet haben, konnten wir die Löwen im nahegelegenen Löwenzoo brüllen hören. Das war vielleicht unheimlich! Es klang so, als ob die gleich hinter dem nächsten Auto sitzen würden.
Zum Glück sind wir heil zum Bus gekommen. Wir haben sogar den Ober-Luxusplatz direkt hinter dem Fahrere bekommen. Busse haben ihren Motor immer an. Auch wenn sie stehen. So standen wir, mit laufendem Motor noch eine Stunde und dann ging es ab in den "islamischen Osten". Die Fahrt war erstaunlich angenehm. Die Straße ist 2004 von der Eu gebaut worden und war in einem entsprechend guten Zustand. Somit kamen wir schnell voran. Etwa eine Woche vorher war das Gebiet um Dire Dawa von einer riesigen Überschwemmung heimgesucht worden. 3000 Menschen sind ertrunken und mehrere Zehntausend obdachlos geworden. Auf dem Weg habe ich viele Felder gesehen, die unter Wasser standen und auf denen Teff und Mais vor sich hin gammelten. Die Menschen haben das sehr viel lockerer genommen. Eine Frau hat mir erzählt, dass solche Überschwemmungen häufig vorkämen, fast jedes Jahr. Dieses Jahr war besonders schlimm, aber es würden eigentlich immer Dörfer zerstört. Ich war wieder einmal schockiert. Es werden jedes Jahr komplette Dörfer zerstört und an der gleichen Stelle wieder aufgebaut.
Trotz einiger überschwemmter Landstriche war die Fahrt landschaftlich unglaublich schön. Der Himmel hätte blauer nicht sein können. Immer wieder standen Schirmakazien auf dem Feld. Kinder spielten mit einfachsten Spielsachen und hatten scheinbar richtig viel Spaß. Kuhherden wurden über die Straße getrieben und endlich: Kamele. Die Wüstenschiffe standen im Feld und kauten an hoch gewachsenen Zweigen herum.
Überrascehnderweise sind wir an einem Tag nach Harar gekommen. Abends hatten wir nach ungefähr 12 Stunden Busfahrt 400 km hinter uns gebracht und Harar, die ummauerte Stadt erreicht. Kaum aus dem Bus ausgestiegen sprachen uns die ersten Guides an, die unbedingt unsere Taschen tragen wollten. Etwas genervt haben wir fast alle abschütteln können. Nur einer hat uns bis zu einem nahe gelegenen Hotel verfolgt. Dort hat er uns dazu überredet, die Hyänen anzusehen. Okay, also sind wir bei Anbruch der Dunkelheit losgezogen und haben brav 50 Birr bezahlt. Mir kam das sooo teuer vor. Unglaublich, dabei sind es nur 5€... Wir sind also durch die Stadt gelaufen, bis wir zum Viehmarkt kamen. Dort brüllten die Kühe und schrien die Schafe. Der Grund war schnell ersichtlich. Hinter dem Markt auf einer kleinen Fläche stand ein Auto mit laufendem Motor und im Licht der Scheinwerfer lief ein Rudel Hyänen herum. Nur wenige Meter freie Fläche trennten uns von diesen Raubtieren. Bald kam der weltbekannte Hyänenmann mit einem Korb voller Schlachtabfälle (Kamelschwanzfell, Kuhfell, Ziegenhaut...) und fing an die Tiere zu füttern. Erst hat er das Fleisch geworfen, dann auf kleine Stöckchen gesteckt und diese mit der Hand gehalten und der krönende Abschluss war die Fütterung mit dem Mund. Irre!
Plötzlich habe ich mich "ja" sagen hören und zwar auf die Frage, ob ich auch mal eine Hyäne füttern will.
Und schon stand ich da mit einem Holzstöckchen, so groß wie ein Bleistift.
Aufregend war's!
Etwas anders zumute wurde mir, als plötzlich eine scheinbar fremde Hyäne auftauchte und das Rudel in Unruhe versetzte. Dummerweise stand ich mit dem fleischgefüllte Korb mitten zwischen den Tieren. Meine einzigen Gedanken galten der Versicherung...
"Zahlt die Auslandskrankenversicherung einen Rücktransport, wenn ich von Hyänen zerfleischt werde oder war das leichtsinnig?"
Aber ich bin nicht zerfleischt worden, sondern heil von den Hyänen weggekommen.