21.05.2009

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Auch wenn es sich angefühlt hat, wie ein endloser Albtraum, meine Abreise aus Indien habe ich heil und gesund überlebt. Im Hostel hatten mir alle geraten möglichst früh zum Flughafen zu fahren. Außerdem fand ich die Idee, eine Nacht im klimatisierten Flughafengebäude zu verbringen auch nicht ganz so schlecht. In Delhi muss man genau 3 Stunden vor Abflug am Flughafen sein. Das hatte mir allerdings keiner gesagt. Ich war also deutlich früher da. Musste noch zweieinhalb Stunden in einem nichtklimatisierten Raum verbringen, für den ich auch noch 30 Rupien Eintritt zahlen musste. Hier habe ich bewiesen, dass ich immer und überall schlafen kann. Im Sitzen, an Rucksack und Koffertrolley angekettet, in lauter Umgebung und bei stickiger Hitze habe ich geschlafen. Gar nicht mal so schlecht. Als es endlich 5 Uhr war, habe ich mich zum Terminalgebäude aufgemacht. Ticket, Pass und Check-In Bescheinigung (Online Check-In ist was tolles) in der Hand. Vor dem Eingang der Sicherheitsmann mit seinem Freund, dem Maschinengewehr. Der Mann wirft einen Blick auf mein Ticket und sagt "not valid". Toll... Ich halte ihm das Check-In-Dings hin, er guckt nicht mal drauf, redet in Hindi auf mich ein. Supi, bei meinen Hindi-Kenntnissen. Ein 2. Sicherheitsmann kommt dazu. Jetzt steht es 2 Sicherheitsleute und 2 Maschinengewehre gegen mich. Ich schwitze, weiß nicht, was ich noch sagen soll. Einer der beiden geht mit meinem Pass (!!!!!!) ins Terminalgebäude, ich rufe, er soll anhalten "Stopp"! Keine Reaktion. In dem Moment habe ich schon alles in sich zusammenbrechen sehen. Ich ohne Pass in Indien, Flug verpasst und dann? Soweit ist es nicht gekommen. Dafür hat der Sicherheitsmann die Polizei gerufen, weil ich ja "illegal" das Terminalgebäude betreten wollte. Also waren schnell 2 Polizisten da. Jetzt also 4 Männer + 4 Maschinengewehre gegen mich. Wilde Diskussion auf Hindi. Oh ja, der Mann mit meinem Pass ist wieder da. Ich bin inzwischen völlig am Ende. Bin schon soweit, dass ich sagen will "Leute egal, ich schmieß die Sache hin, ich buche den nächsten Flug nach Deutschland und beende die Reise hier". Ob ich wohl die Botschaft anrufen darf? Nein, ich darf nicht weg, sagen die Polizisten. Waaaah.... Aus dem Nichts (Gebäude auf der anderen Straßenseite) taucht ein Mensch auf. Anzug mit Krawatte, er kommt auf uns zu, hat ein kleines goldenes Schildchen mit dem Logo von Singapore Airlines. Seinen Namen habe ich leider wieder vergessen. Schade, er ist nämlich seither mein großer Held. Die Situation scheint ihm nicht zu gefallen. Er fragt, was Sache ist. Ich versuche zu erklären, dass ich um 8 nach Singapur fliege, schon online eingecheckt habe und dass die mich nicht reinlassen wollen. Ein kurzer Wortwechsel auf und alle 4 Männer mit ihren Maschinengewehren lassen mich durchgehen, als wäre nie was gewesen. Der Mann von Singapore Airlines verschwindet, bevor ich was sagen kann.

Den Abschied aus Indien hätte ich gerne etwas anders gestaltet. Ich habe mich gefühlt, wie in einem Albtraum. Nur dass ich nicht aufgewacht bin, sondern dass es die Wirklichkeit war. Was die Sicherheitsleute und Polizisten wirklich wollten, weiß ich nicht. Geld könnte ein guter Grund gewesen sein. Und ehrlich, ich hätte in dem Moment alles bezahlt. Ziemlich egal, welchen Betrag die gefordert hätten.

Der Flughafen von Delhi ist ungefähr so spannend, wie der Bahnhof von Bad Schwartau zwischen 2 und 4 Uhr morgens. Es gibt zwar 3 Duty Free Geschäfte, aber als Nicht-Inder durfte ich nicht mit Rupien bezahlen. Ich durfte meinen 500 Rupien-Schein auch nicht zurücktauschen. Ich versteh manchmal die Welt nicht. Und schon gar nicht die indische...

Dass ich überglücklich und unendlich erleichtert war, als ich endlich das Flugzeug betreten durfte, ist eigentlich überflüssig zu erwähnen. Ich bin froh, dass dieser Albtraum vorbei ist. So hat Indien doch einen etwas bitteren Nachgeschmack hinterlassen.