14.07.2009

Bärenwarnung, aber warum? Es sind doch keine Bären da...

Revelstoke ist viel kanadischer als die anderen Alpendörfer, die sich versehentlich nach Kanada verirrt haben. Revelstoke liegt am Fuße der Rocky Mountains, ist im Winter Ski-, Snowboard- und Schneemobilgebiet und außerdem der Ort, der am dicht an 3 Nationalparks mit wunderbaren Wandermöglichkeiten liegt. Der Ort selber besteht aus Planquadraten, einem Pub, einem Supermarkt, einer Touristeninfo und viel Natur mit Blockhütten und normalen Häusern. Schön ist das nach den Papphäusern aus Österreich. Das Hostel ist endlich mal ein "normales" Hostel, ein bisschen dreckig, die Mitarbeiter seeeehr entspannt und kein kostenloser Tee und Kaffee. Ich hatte diese Hostelatmosphäre fast schon vermisst. In der Touristeninformation gibt's die Nationalparkticket. 3 Tage und dann am 4 Tag bis 16 Uhr, also los, Bären! Ich komme!
Der erste Nationalpark, der Glaciernationalpark soll viele Gletscher beheimaten. Leider liegen die immer ganz weit oben in den Bergen und erfordern einiges an Kletterfähigkeiten. Der einfachste Weg besticht durch einen geringen Höhenunterschid von gerade mal 400m auf 5km. Die ersten 3km ist es tatsächlich auch gut zu laufen. Seichte Steigung, gefolgt von leichtem Gefälle. Sollten es nicht 400m Höhenunterscheid werden? Jaaa, auf den letzten 2km. Herrlich, Steilwandkletttern ohne Ausrüstung. Treppensteigen würde ich dagegen als Retnersport einordnen... Es ist warm, der Ausblick ist grandios. Berggipfel mit Schneemütze, darunter dichter grüner Tannenwald, hier und da ein See, blauer Himmel und Schäfchenwolken. Nur der Gletscher, der ist nicht anzutreffen. Der wohnt nämlich ein paar hundert Meter weiter oben in den Bergen. Und auf eine richtige Kletterpartie (im Nationalparkzentrum sagte der Ranger "ja, könnt ihr machen, wir empfehlen eine Sicherung mit Seilen) habe ich nicht so richtig viel Lust. Warum auch immer.... So habe ich dann zwar nicht den Gletscher gesehen, aber von seinem Wasser getrunken. Zusammen mit einer sehr seltenen Tierart, der "ich-lasse-mich-von-DEET-nichtbeeindrucken-und-steche-trotzdem-durch-die-Hose-Mücke" lasse ich mich von den felsigen Bergen beeindrucken und stelle mir vor, wie es wohl im Winter hier aussehen mag. Das wäre auch noch mal ein Urlaubsziel, Rockies im Winter. Der Vorteil jetzt am Sommer und an der Tatsache, dass ich nicht nur nach Jasper oder Banff gefahren bin, sondern auch im so laaaaangweiligen Glaciernationalpark unterwegs bin, ist dass die Touristenmassen an Ort und Nationalpark vorbeifahren. Hier ist fast keiner. Eine weitere Wanderung führt mich zu dem Treffpunkt der Wasser. Hier fließen 2 Flüsse zusammen und bilden unter lautem Getöse ein gemeinsames Flussbett. Ich könnte stundenlang dem Wasser zugucken, wie es türkisgrün aufeinander zufließt und dann mit weiß schäumender Kraft eins bildet. Die Steine, die im Wasser liegen sind durch die ungeheure Kraft des nassen Elements weich und rund geschliffen. Und aus jedem Blickwinkel ergeben sich neue Formationen. Ja, das nenne ich spektakulär! Überall hängen Schilder mit Bärenwarnung. Ich bin zwischendurch mal ganz still, aber trotzdem kommt kein Bär zum Vorschein.Schade, wo sind die denn alle? Der nächste Nationalpark war der Yoho. Yoho ist direkt in den Rocky Mountains. Schneebedeckte Gipfel säumen den Weg, der uns zu den Wapta Falls führt. Diese Wasserfälle gehören zu den wasserreichsten in Nordamerika. Sie sollen an 3. Stelle nach den Niagarafällen kommen. Wer weiß... Der Weg ist angenehm zu gehen, die Aussicht auf die Wasserfälle wirklich schön. Einige Meter senkrecht hinunter stürzen sich die Wassermassen und ich kann ganz dich daneben stehen. Ich werde sogar ein bisschen nass vom Wassernebel. Die Erfrischung tut wirklich gut, in der Hitze des Tages. Das Autothermometer zeigte 31°, als es zu den Fällen losging. Die Höhe scheint die Temperatur gar nicht zu beeindrucken, denn es bleibt trotz 1500m ü. NN heiß.
Oh fast hätte ich vergessen, das spannendste Erlebnis auf der gesamten Autofahrt zu erwähnen. Eigentlich nur ein kleines unscheinbares Schild am Straßenrand. Der Inhalt und die Konsequennz macht es spannend. Ich bin nämlich zum ersten mal in meinem Leben über eine Zeitzonengrenze gefahren, konnte direkt auf der Linie stehen (habe ich dann auf dem Rückweg auch gemacht und dabei überlegt, welche Seite von mir wohl älter ist, die rechte, westliche, die eine Stunde früher auf der Uhr erlebt oder die linke, östliche Seite, die eine Stunde später erlebt).
Zurück zum Park. Die Wanderung zum Emerald Lake bekommt einen etwas feuchten Beigeschmack. Es gießt in Strömen. Wie auch immer das passieren konnte, dass es innerhalb von Minuten von grellem Sonnenlicht zu Platzregen kommt... Im blauen Ganzkörperkondom ist es warm und anstregend. Den ganzen Weg lasse ich daher lieber bleiben und kehre nach einiger Zeit um. Gut, dass es im Auto sowohl Klimaanlage als auch Heizung im Auto gibt.
Mein Lieblingsnationalpark ist eigentlich der unscheinbarste, der der im Reiseführer zwar erwähnt, aber nicht näher beschrieben wird. Als erstes der Boardwalk auf dem Skunk Cabbage Trail an. Flora und Fauna sind sicher interessant, wenn man Interesse an Insekten und Amphibien hat. Die einzigen Tiere, die sich in reichlichen Mengen zeigen, sind mal wieder die Mücken. Aber dieses mal war ich schlauer, ich habe mich überall, also auch unter den Klamotten mit DEET eingecremt. Ha, jetzt sehen die Surre-Viecher aber alt aus. Die schwirren zwar um alles herum, was sich bewegt, stechen jetzt aber nicht mehr. Weiter geht es zum Meadows to the Sky Parkway. Eine 25 km lange Straße, die am Ausgangspunkt vieler Wanderungen endet und eigentlich schon selber ein Erlebnis ist. 25km bergauf mit wunderschönen Ausblicken in die Columbian Mountains. Die Almwiesen sind von unzähligen kleinen Blumen übersät, hier und da guckt ein kleiner Pika aus seinem Bau und ich frage mich, ob mein Gehirn nicht jetzt schon mit Eindrücken überfordert ist. Wenn es stimmt, dass es die Blumenwiese im August ihren Blütenhöhepunkt hat, wie übervoll soll es dann sein. Ich bin froh jetzt hier gewesen zu sein. Mein Gehirn wäre im August sicher geplatzt...
Ein besonders schöner Wanderweg soll zum Eva Lake führen. Über endlose Auen, die immer noch mit Blumen übersät sind, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel und die endlose Weite der kanadischen Berge. Am Wegrand liegen noch einzelne Schneeflecken, die zusammen mit den Baumskeletten eine unbeschreibliche Atmosphäre bilden. Unbeschreiblich ist das einzige Wort, das mir zu dieser Umgebung, zu dieser Kulisse und dem Bergpanorama einfällt. Es ist erstaunlich warm, dafür dass dieser Wanderweg auf 2000m Höhe liegt. Das Wasser ist in der Windstille spiegelglatt und die Bäume und Wolken spiegeln sich im Wasser. Wären ein paar Mücken weniger vorhanden, würden sich mehrere wirklich schöne Picknickplätze ergeben. Aber so? Das geht gar nicht. Kaum ist es windstill (weil ich zum Beispiel stehen bleibe...) sitzen ungefähr 2000 Mücken pro Quadratzentimeter auf mir. Ich entwickel langsam einen Hass auf dieses hohe Summen und das Kribbeln auf der Haut.
Also kein langes Picknick am See, wieder zurück und noch 2 ultra-kurze Wanderungen von je einem Kilometer, bevor es nachmittags zurück ins Hostel geht. Das Eis von D'Dutchman Diary entschädigt für alle Mücken, die sich mir genähert haben und morgen soll es weiter gehen. Wieder nach Sun Peaks. Es war soooo schön dort...

Nationalpraks und das Drumherum in Kanada