01.09.2010

Das gewisse Nördliche

Norwegen ist etwas besonderes. In allen Facetten und jeden Tag wieder. Treffender als der Reiseführer von Klaus Betz beschreibt kaum einer dieses Land und seine Bewohner.

"Wenn ich in Oslo mit dem Auto von Bord der Fähre rolle, schalte ich zuerst das Licht ein und gleich darauf das Radio aus... Unmittelbar danach erfolgt der schwierigste Teil der Einreise: Die Umstellung meiner Einstellung zu diesem Land. Ich gehe einfach davon aus, dass im sommerlichen Norwegen zunächst einmal alles geschlossen ist, was geschlossen sein kann. Post, Banken, Fahrkartenschalter, Touristenbüros, Museen, Cafés und so weiter. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass ich mich, statt enttäuscht zu sein, freue. Darüber nämlich, dass mich das Leben auf wundersame Weise immer wieser Lügen straft. Schließlich kann man in Norwegen lernen, dass die Welt nicht untergeht, wenn New York bis morgen früh warten muss."
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"So gewappnet, regt es mich auch nicht mehr auf, wenn ich während einer Reise - auf der Post, den Banken, am Fahrkartenschalter etc. - immer wieder auf nette junge Menschen treffe, die an verantwortlicher Stelle "Sommerjobs" machen und dabei ungefähr soviel Kompetenz vorweisen, wie ein vier Fremdsprachen beherrschender Kraftfahrzeugelektriker in der dritten Ausbildungswoche (derweil die eigentlichen Profis das tun, was wir tun: Sie machen Urlaub)."
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"Vielmehr gilt es in Norwegen als ausgemacht, das Land entweder über technische Superlative, landschaftliche Besonderheiten oder eben über "nördlichste" Einmaligkeiten anzupreisen. ... Ob man den höchsten Berg, den tiefsten Fjord, die steilste Straße, die kurvigste Eisenbahntrasse, die am weitesten gespannte Antenne, die nördlichste Hängebrücke und und und gesehen habe oder zu sehen beabsichtige. All das, so wird dem Norwegen-Neuling ununterbrochen suggeriert, müsse man unbedingt anschauen, sonst laufe man Gefahr das wesentliche zu versäumen."

Trotz allem. Norwegen ist etwas besonderes. Ein Ausflug bei klarem Wetter öffnet die Augen für die gewaltige Schönheit und Erhabenheit der Schöpfung. Wenn die Sonne hinter Runde im Meer versinken möchte und die schneebedeckten Gipfel der Sunnmørsalpen in warmen Farben zum Leuchten bringt, dann sind sämtliche Rekorde unwichtig, dann zählt der Genuss der endlosen Freiheit.