06.09.2010

Wo die Trolle wohnen

Es ist Anfang September. Früh am Morgen. Der Himmel ist blitzeblau, die Sonne scheint, das Gras ist steif vom Frost und ein neuer Tag wartet darauf gefeiert zu werden. Das Auto ist bis unter das Dach mit Urlaubsstimmung und Lebensfreude beladen. Regenbögen überspannen die Gudbrandsschlucht. Vor vielen Jahren soll mal ein Mann namens Gudbrand über diese Schlucht gesprungen sein. Heute erinnert eine Besucherplattform an die dramatische Geschichte, die sich an der 5m breiten Schlucht mit dem rauschenden Wasser abgespielt hat.
Kaum merklich steigt die Straße an. Die großen Tannen werden kleiner, Krüppelbirken bestimmen die Landschaft, bevor nur noch Blaubeerbüsche auf dem kargen Boden wachsen. Gestern hat jemand mit dem großen Puderzuckersieb die Berge verzaubert.
Wir steigen aus und genießen die kühle, klare Luft, gehen ein bisschen durch die Einöde und pflücken ein paar Blaubeeren. Der Frost hat die Beeren süß gemacht. In der Ferne klingeln die Halsbänder von einer Schafherde. Die weißen Wollknäule verschwimmen mit dem Horizont. Ob sie wohl ihre Brüder und Schwestern am Himmel vermissen? Blauer geht es nämlich nicht. Keine einzige Wolke ist zu sehen!
Wir fahren weiter. Links stehen König, Königin und Bischof und passen auf (Achtung, Superlativ!) Norwegens meist befahrene Straße auf. Bevor wir uns ins Abenteuer der Trollleiter stürzen, statten wir dem Bischofssee einen Besuch ab. Nur 500 Höhenmeter oberhalb der Straße liegt der See. Die Berge spiegeln sich im Wasser, das ganz harmlos da zu liegen scheint. Nur einen kleinen Sprung weiter entspringt aus dem See ein reißender Wasserfall. Das Wasser ist eiskalt. Beim Versuch die Wasserflaschen zu füllen, zucken blitzende Schmerzen durch die Hände. Von einem Bad sehen wir in sekundenschnelle ab. Stattdessen sitzen wir auf einem Stein, lassen uns von der warmen Septembersonne verwöhnen und freuen uns an der Lebensfreude.
Der Abstieg ist weniger schweißtreibend, als der Aufstieg. Kurze Zeit später ist es dann soweit. Trollstigen, 12% Gefälle, 11 Haarnadelkurven und viele unendlich schöne Eindrücke später, schlängelt sich die Istra durch das satt grüne Tal. Bald taucht rechts der Straße Trolltinden auf. Einmal rechts abgebogen, stehen wir vor der Trollwand. 1000m hoch ragen die Felsen senkrecht aus dem Boden. Schwindelerregend, sogar von unten. Der Weg führt weiter in die Gipfelhauptstadt Norwegens, Åndalsnes.