Als ich überlegt
habe, in den Urlaub in die USA zu fliegen, hatte ich starke Zweifel, ob ich
mich diesem Blödsinn aussetzen soll. Amerikaner, die sind doch alle
oberflächlich, arrogant, halten sich für was Besseres, haben keine Ahnung vom
Rest der Welt, fahren riesige Autos und trinken Cola und essen frittiertes
Essen mit künstlichen Geschmacksstoffen.
Nochwas? Ach ja, sie greifen immer unschuldige Länder an und foltern
politische Gefangene. Warum sollte ich also dahin fahren? Vielleicht behalten
die mich gleich da, wenn ich sagen: Israel und Palästina? Oder wenn ich laut
denke, dass McDonald gar nicht so gesund ist?
Was solls, ich
bin trotzdem ins Flugzeug gestiegen. Habe die gesamte volksverdummende Prozedur
mit Passkontrolle und Kreuzverhör in Kauf genommen. Liebe NSA, liebe CIA. Ich
finde Euch wirklich zum Knutschen komisch. Nachdem Ihr meine Passwörter
gespeichert habt, dürft Ihr jetzt auch speichern, dass ich NICHT zu den
Hauptverantwortlichen des Holocaust gehöre und ich nehme auch nicht an einer
terroristischen Versammlung teil – führt Ihr denn keine Liste über Eure
Mitglieder?
Aber wie sind die
Amerikaner eigentlich? Angekommen in Seattle, schienen sich meine Vorurteile zu
bestätigen. Übergewichtige Grenzbeamte, die alle nicht-US-Amerikaner für Idioten
halten begrüßen mich. OK, überlebt. Die Leute an der Uni sind nett, allerdings
auch nicht unbedingt Amerikaner… Wo ich auch hinkomme, sind dicke,
cola-trinkende Leute. Überall gibt es Erdnussbutter. Lecker, aber muss die
unbedingt in Brezeln drin sein? Bis Naemi mich drauf aufmerksam gemacht hat,
habe ich es gar nicht zur Kenntnis genommen, aber es gibt enorm viele
Hybridautos. Und ökologisches Essen in den Supermärkten. Vielleicht sind die Amerikaner doch ein
bisschen anders, als ich immer dachte?
Bei der Kajaktour
habe ich dann eine Reihe Amerikaner kennengelernt, die wirklich anders waren.
Zum einen waren es alles Freizeitsportler, weder extrem dick, noch extrem
sportlich. Halt so ganz normal. Eines Abends saßen wir am Lagerfeuer zusammen
und haben s’mores gegessen. Gegrillte Marshmallows in die ein Stück Schokolade
gesteckt wird (das schmilzt auch ein bisschen) und dann wird das Ding zwischen
zwei Cracker gelegt. Die heißen s’more, weil man unbedingt some more möchte.
Stimmt, die waren gut. Die Gruppe stellte fest, dass ich alles wichtige
amerikanische jetzt erlebt hätte. Ich habe s’mores gegessen und Pfannkuchen.
Ich habe Berge gesehen, Seattle und das Meer. In deren Augen könnte ich ein
richtiger Amerikaner werden. Wow, you have done everything tob e a real
American. Congratulations! No, wait. Invade an innocent country and kill the
civilians, THEN you are a real American.
Joa, so kann man es auch ausdrücken.
Gelernt habe ich
viel in diesem Urlaub. Besonders über „die Amerikaner“, die es natürlich
genauso wenig gibt, wie „die Deutschen“. Einige meiner Vorurteile haben sich
bestätigt, andere haben sich in Luft aufgelöst. Leider haben die bestätigten
Vorurteile nicht dazu beigetragen, dass ich meine Meinung über die USA wirklich
ändern konnte. Ich habe zwar nette Leute kennengelernt, die nicht regimetreu
sind, aber … Dauert ja noch ein Jahr, bis ich wieder in die USA fahren werde.