07.09.2015

Tja und nun?

Statt den Tag zu Fuß zu beginnen, steige ich in ein Auto. Mmhh, das wollte ich so eigentlich nicht. Aber vielleicht nicht ganz so doof, wenn wir am Sevan-See entlang wandern wollen. Nach etwas mehr als einer Stunde auf guten Straßen sind wir da. Rechts liegt der See, links dass was ich als Urlaubsidyll mit Sowjetcharme bezeichnen würde. Es ist, sagen wir, eine visuelle Zeitreise. Surrealistisch, das trifft es vielleicht am besten. Wir fahren aber nicht zu den Hotels, sondern zum Kloster, das auf einer Halbinsel im See liegt. Früher lag das Kloster mal auf einer Insel. Aber der Wasserstand des Sees ist so enorm gesunken, dass man jetzt trockenen Fußes zum Kloster kommt, ganz ohne Boot. Kurzer Irritationsmoment meinerseits, als ich meinen Guide frage, warum denn der Wasserstand gesunken ist. Die Erklärung: naja für die Bewässerung der Felder. Ja, soweit kann ich folgen. Schnell schiebt er ein, dass der Pegel seit Jahren stabil sei, weil man das Wasser aus anderen Flüssen nimmt. Vornehmlich aus Flüssen, die in die Türkei oder nach Aserbaidschan fließen. O-Ton Guide: dann haben nämlich nicht wir (Armenien) das Problem, sondern die anderen. Nee, ist klar.
Na gut, durchatmen, ich kann die Welt nicht so ohne weiteres retten. Aber das Kloster angucken, das kann ich. Auch hier, komme ich erstmal in einen Vorraum. In armenischen Klöstern heißt der Gavit. Und dann in die Kirche. Die Kirche ist schlicht. Der Altarraum ca 1m höher als das Kirchenschiff und mit einem Vorhang abgetrennt. Die Leute stehen in der Kirche. Ohne es zu wissen, bin ich in einen Gottesdienst gelaufen. Hinter dem Vorhang wird scheinbar gebetet. Die Gemeinde bekreuzigt sich hier und da, aber nicht synchron. Und immer wieder laufen Leute rein oder raus. Komisch, ziemlich ungewohnt und ganz tief im innersten finde ich es irgendwie unpassend. Aber auch ich schleiche mich aus der Kirche, in der übrigens auch während des Gottesdienstes fleißig Kerzen verkauft werden. Das Kloster liegt auf dem Hügel, scheinbar mitten im See, wenn man von der Straße absieht. Plötzlich läuft eine ganze Herde Priester oder Mönche an mir vorbei. Ich dachte, hier gäbe es kein aktives Klosterleben mehr. Zumindest können die nicht hier wohnen, denn das was von den Schlafsälen und Arbeitsräumen erhalten ist, sind im großen und ganzen die Grundmauern. Nein, die wohnen nicht direkt hier, sondern in der Priesterschule im Ort. 
Beim Spaziergang durch das Gelände, sehe ich das Sommerhaus des Vereins sowjetischer Schriftsteller, oder so ähnlich. Und dann einen Zaun. Dahinter liegt das Sommerhaus des Präsidenten. 
Dann ziehen wir weiter, zu einem kleinen Berg. Nach einer guten Stunde querfeldein durch Disteln und Gestrüpp sind wir oben. Es ist windig und diesig. Mmmh. Picknick und wieder runter. Naja, ist ja erst der erste Wandertag, das wird noch besser. Wir fahren nach Dilijan, plötzlich ist es bewaldet und die Atmosphäre im Ort eine ganz andere. Hier soll man im Winter sogar Skifahren können. Na dann...