Da ist es schon wieder
passiert. Das Jahr ist vorbei und ich weiß nicht, ob ich es gut finden soll
oder nicht. Doch eigentlich ist es ganz gut, dass dieses Jahr endlich rum ist.
Wenn ich das Jahr mit einem Wort beschreiben sollte, dann müsste ich nicht mal
lange überlegen, 2015 ist gleichzusetzen mit Heimweh. Heimweh nach Sunnmøre,
den Bergen, dem Regen, dem Meer, dem Wind und nicht zuletzt nach den Menschen.
Im letzten Jahr saß ich Weihnachten voller Unsicherheit zu Hause und habe mich
gefragt, wie es wohl in Trondheim ist. Vieles ist genauso geworden, wie ich es
erwartet hatte, nämlich unendlich herausfordernd. Eine ganze Menge ist wirklich
grauenvoll geworden und ein bisschen ist sogar ganz nett geworden.
Nachdem Trondheim mich
bis weit in den April nicht etwa mit Schnee, sondern mit Eis auf Straßen und
Wegen verwöhnt hat, war es ganz kurz Frühling, dann eine Mischung aus Herbst
und Winter und dann Sommer. Ich bin ein bisschen hier in den Stadtbergen und
–wäldern spazieren gegangen, aber nicht wirklich zufrieden damit. Es sind ewig
lange und eher langweilige Wege, geht kaum bergauf (nur vom Krankenhaus zu
meinem Stall geht es die ganze Zeit bergauf, das ist aber ein anderes Thema)
und Aussicht kennen die Menschen hier nur von Postkarten.
Zum Glück hatte ich
hin und wieder mal ein Wochenende frei – so denn die Dienstplanschreiberinnen
das nicht vergessen hatten, geschehen im Juli, als ich nach 26 Tagen ohne Pause
arbeiten, Freitagabend auf dem Sofa saß und nicht wusste, was ich mit dem
jungen Abend anfangen sollte. Der Sandmann hat mir die Entscheidung zum Glück
abgenommen. An anderen freien Wochenenden habe ich meine 7 Sachen gepackt und
bin entweder über Molde nach Ålesund gefahren – Urlaub für die Seele oder habe
mich von den lieben Piloten von SAS nach Deutschland fliegen lassen. Kleine
Oasen im Alltag, die mir in gewisser Weise zu einer Überlebensstrategie
geworden sind.
Überlebt und vor allem
genossen habe ich 3 Wochen Urlaub in Armenien, dem kleinen Land zwischen der
Türkei und Russland. Ein bisschen Wandern, ein bisschen Kultur, ganz viel
Sonne, Gastfreundschaft und ein paar harte Landungen auf dem Boden der
Realität. Nach dem Urlaub hat mich die Arbeit schnell wieder in ihre Klauen bekommen.
Wobei, der Job als Oberärztin auf der Neo macht mir schon Spaß. So gesehen, ist
diese St Olavs Sache ja doch ganz gut. Seit März darf ich Hintergrunddienste
machen, was nichts anderes bedeutet, als dass ich einen Sklaven habe, der die
Arbeit macht und mich nur dazu holt, wenn die Kinder wirklich krank sind. Diese
Chance hätte ich in Ålesund so früh nie und nimmer bekommen.
Ja und dann war
plötzlich Dezember, die ersten 23 Tage sind vorbei und ich bereite mich
seelisch auf 2 weitere Tage im Krankenhaus vor. Das ganze letzte Jahr war
irgendwie unwirklich, kafkaesk. Ich hoffe auf ein etwas fassbareres 2016. Wo
genau ich das nächste Weihnachten feiern werde, steht vorerst in den Sternen.
Ich habe nicht mal den Anflug einer Idee, was im nächsten Jahr wird.
Aber jetzt ist erstmal
Weihnachten. Und auf einmal fühle ich mich ganz klein in der Welt und denke
noch mal ganz anders über meine Probleme und meine Klagen nach. Habe ich es
nicht doch eigentlich ganz gut? Ein Dach über dem Kopf, genug zu essen im
Kühlschrank und seit 70 Jahren Frieden, das ist länger als ich mich erinnern
kann. Die Grundvoraussetzungen sind mir geschenkt worden, dafür bin ich
unendlich dankbar. Manchmal braucht es nur eine kleine Erinnerung – oder
weihnachtlich ausgedrückt: da kommt ein kleines Kind zur Welt!
Fröhliche Weihnachten! God Jul!