11.08.2014

Erste Schritte in einer anderen Welt

Nachdem klar war, dass Tibet nun ganz sicher nichts wird, wurde schnell umgeplant. Ich habe einen Guide an die Seite bekommen und es konnte losgehen. Wohin eigentlich? Spontaner Ausbruch (auch in Ermangelung anderer Ideen meinerseits) Annapurna Circuit! Wir haben reichlich Zeit für die Runde und wenn alles gut geht (meine Kondition durchhält und wir das special trekking permit bekommen) werden wir nach Phoo laufen (oder Phu oder Pho, gibt da mehrere Schreibweisen). Erstmal mit einem Minibus raus aus der Stadt. Es ist früh und regnet, trotzdem sind die Straßen voll. Wo Kathmandu anfängt und wo es aufhört, weiß ich nicht genau. Aber irgendwann sind wir sicher außerhalb der Stadtgrenzen. Es sind kaum noch Häuser und erst recht keine anderen Autos. Abgesehen von alten LKW, Bussen und Büffeln, müssen wir nur Schlaglöchern, Flüssen und Familien ausweichen. Nach europäischem Verständnis dauert die Fahrt etwas länger, aber ich finde, wir kommen erstaunlich schnell voran. Mittags machen wir eine Pause und essen Dal Bhaat. Das erste mal auf dieser Reise. Und dann kaufen wir Bananen, Mango und Ananas. Das Engelchen auf meiner Schulter sagt: Cook it, peel it or forget it. Das Teufelchen sagt: Essen!!!Bakterien, Toxine und Viren spielen keine Rolle, solange es gut schmeckt. Die Ananas und Mango sind geschält und in Stückchen geschnitten. Die Bananen schäle ich selbst. Also kein Problem, oder?! Meine Asbestbakterienflora lächelt müde, als sie all die schönen neuen Freunde im Bauch begrüßt und macht weiter wie bisher. Erste Erkenntnis: Solange es was zu essen ist, schadet es mir nicht (gilt nicht für Schimmelkäse und andere Dinge, die ich nicht mag).

In Besi Sahar könnten wir anfangen zu laufen. Der Bus soll aber noch ein Stückchen weiterfahren, bis zum ersten Erdrutsch. Und wir dürfen mit. OK, aber eigentlich wollte ich doch laufen?! Als wir 15 Minuten später am Erdrutsch angekommen sind, finde ich es gar nicht so schlimm, dass wir bis dahin fahren durften. Durch den knietiefen Matsch überqueren wir das erste Hindernis der Wanderung. Ich bin nach 5 Minuten völlig nassgeschwitzt. Wie soll das nur weitergehen? Ich mag doch feuchte Wärme nicht. 4 Stunden und 1,5l Wasser später kommen wir in Jagat an. Hier wollen wir übernachten. Das Guest House ist sauber, das Zimmer einfach. Erstmal einen Tee trinken. Chiya mit und ohne Milch, beides gut. Ich dusche mich unter einem Wasserhahn mit kaltem Wasser, lege mich ne halbe Stunde hin und freue mich über ein wohlverdientes Abendessen. Ein paar Mücken fliegen um mich herum und freuen sich ebenfalls über ein wohlverdientes(?) Abendessen. Alt werde ich an diesem Abend nicht. Pünktlich zum Gewitterstart um 20 Uhr schlummere ich schon.

Nach einem Frühstück aus tibetischem Brot und Tee gehen wir früh los. Pasang zeigt mit Blumen am Wegrand. Ich staune nicht schlecht, als er mich auf das Unkraut aufmerksam macht. Cannabis??? Joa, irgendwo muss es ja auch herkommen. Die Leute benutzen es nicht mehr und nicht weniger als in Europa. Aber es ist halt da. Wundern tut mich auch, dass wir Nepal nicht als Erdbeer-Nation kennen. Überall wachsen Erdbeeren. Leider blühen sie jetzt erst, auf die Früchte müsste ich wohl noch ein paar Wochen warten. Nächstes mal plane ich besser!

Der Weg geht bergauf und bergab. Mehr hoch als runter und von Treppen über Schotterwege und schmale Pfade. Es ist unsagbar heiß und feucht, ich schwitze und frage mich, warum ich mir das überhaupt antue. Aber dann, bei einer Teepause in einem kleinen Restaurant, geben die Wolken den Blick auf Manasulu frei. 8142m strahlen mich an. Nein, ich bin hier richtig, egal wie warm es ist. Und mit steigender Höhe wird es auch immer kühler. Die ersten Tage auf dem Trek verlaufen ähnlich. Morgens frühstücken, dann los, Teepause, weiter, Mittagspause, weiter und nachmittags ankommen. Als wir nach Danakuye laufen, fängt es an zu regnen. Bis wir im Hotel sind, nieselt es nur leicht. Kaum habe ich ein Zimmer bekommen, die 8-beinigen Mitbewohner verscheucht und mir ein trockenes T-Shirt angezogen, geht der Wolkenbruch los. Er dauert fast die ganze Nacht an. Abends gibt es die 2. Warme Mahlzeit des Tages und immer mal wieder ein bisschen Sprachunterricht. Die wichtigsten Worte für Tee, Reis und Linsen habe ich schnell gelernt. Ein bisschen wundern tut mich, dass Nepali ein Volk sind, für das Wort „Danke“ eher ein Fremdwort ist. Das Wort ist „künstlich eingeführt“ worden, um auch so ein Wort zu haben. Man benutzt es aber eher selten. Gut, welcher Deutsche benutzt schon das Wort sitt für keinen Durst mehr?

Nach 3 Tagen sind wir in Koto. Hier werden wir den Annapurna Circuit Trail verlassen und nach Meta, Phu und Naar gehen. Mein special trekking permit for restricted areas trägt die Nummer 248. Vor mir waren dieses Jahr also erst 247 Wanderer hier. Abendteuer, ich komme!