05.09.2006

Lalibela - UNESCO Weltkulturerbe

Ich wusste es nicht, aber es stimmt. Lalibela ist Weltkulturerbe. Zu Anfang hätte ich es nicht dafür gehalten. Das Dorf kam unfreundlich an. Es hat geregnet, alles war unendlich teuer und alle wollten für alles Geld haben. Oder Süßigkeiten, Schuhe, meinen Rucksack, meine Jacke, Kugelschreiber...
Unser Hotel ist auch nur mäßig schön. Immerhin ist der Nachttopf hier "sauber". Aber der Rest hält sich in Grenzen.
Nach einer kurzen Essenspause (hab schon wesentlich besser gegessen!!!) wollen wir den Rest des Tages ausnutzen und zu den Kirchen gehen. Kostet natürlich wieder Eintritt. Aber dieses mal war ich drauf gefasst. 100 Birr ist schon eine Menge Geld. Die Karte ist drei Tage lang gültig. Doch so lange will ich nicht hier bleiben. Martina geht es ähnlich. Wir versuchen bei Ethiopian Airlines einen Flug nach Addis zu buchen. Leider gibt es hier seit mehreren Tagen keine Telefonverbindung mehr. Strom ist auch so eine Glückssache. Aber Wasser ist überall vorhanden. Zum Beispiel auf dem Fussboden in unserem Hotel, auf den Straßen, auf dem Weg zur Kirche und einfach überall. Kein Wunder, es regnet...
Da es schon spät ist, haben wir nur die Gelegenheit die Bet Alehem Kirche anzugucken. Wir sind die einzigen Besucher und ich bin hin und weg. Ich weiß gar nicht, wie ich die Kirche beschreiben soll.
Die Kirchen hier sind alle in den Felsen reingehauen. Das Dach ist das eigentliche Erdboden-Niveau und alles was nicht zur Kirche gehört, haben die Kirchenbauer rausgehauen. Man muss also eine Art Treppe hinunter gehen, um zum Eingang zu kommen.
Alleine die Treppe ist ein Abenteuer. Es ist glitschig und rutschig und überall sitzen Bettler. Nicht dass das was besonderes wäre, aber die Menschen, die hier sitzen sind zum Großteil so grauenvoll verkrüppelt, dass ich gar nicht weiß, ob ich hinschauen mag.
Unsere Kekse sind schnell verteilt. Dann kaufen wir eben neue.
Die Kirche selber ist sehr schlicht von innen. Drei Reihen Fenster übereinander. In jedem dieser Fenster ein anderes Kreuz. Und alles von einer flackernden Neonröhre beleuchtet. Der Mönch zeigt uns viele Gemälde, die einfach si an die Wand gemalt wurden sind und leider schon sehr mitgenommen aussehen. Dann posiert er (gegen Geld...) mit Kreuzen und der Bibel für ein Foto. Gut, er verdient so seinen Lebensunterhalt.
Den Abend verbringen wir frierend im Hotel. Es regnet und dank der 2800 m ist es recht frisch. Zumindest in ständig feuchten Klamotten.
Der nächste Tag beginnt etwas trist. Mit strömendem Regen. Ethiopian Airlines kann uns keine wirkliche Auskunft geben, da es immer noch kein Telefon gibt. Ein paar Jungs machen uns das Leben zur Hölle und am liebsten würde ich einfach stehen bleiben und darauf warten, dass mich jemand abholt und zwar mit einem Flugzeug. Aber das passiert natürlich nicht. Einen besonders schlimmen Regenguss verbringen wir im Seven Olives Hotel. Statt meines geliebten Sprease bekomme ich Kaffe und Tee gemischt. Na super! Trotz anfänglicher Giga-Zweifel schmeckt es ganz gut.
Gegen Mittag hört der Regen auf und Martina und ich sind in ein anderes Hotel umgezogen. Jetzt wollen wir die Zeit in Lalibela ausnutzen und die Kirchen angucken.
Als erstes laufen wir zur Bet Georgyis. Die bekannteste von allen. Jetzt im Sonnenschein ist der ganze Ort plötzlich viel freundlicher und schöner...
Wir gehen bergab durch das ganze Dorf und stehen plötzlich vor einem Abhang. Dort ist sie!
Die Kirche ist ein wahres Prachtstück. Der Mönch führt uns einen schmalen Gang hinunter zur Kirche. es ist glitschig, aber machbar. Dann stehen wir vor der Eingangstür. Das ganze kommt mir vor wie ein unwirklicher Traum. Ich stehe in einer Kirche, die so genial gebaut ist, dass ich es gar nicht begreifen kann.

Noch in höheren Sphären schwebend laufen wir durch den Ort zurück zum nördlichen Kirchenkomplex. Dort warten mehrere Kirchen darauf gesehen zu werden. Langsam denke ich, dass zwei Wochen in Lalibela vielleicht ganz sinnvoll gewesen wären. Aber zwei Tage... Viel zu kurz! Durch Geheimgänge laufen wir zu anderen Kirchen. Es ist unglaublich, aber alle Kirchen sin durch Gänge, Treppen und Tunnel miteinander verbunden. Der Reiseführer munkelt, es waren am Anfang keine Kirchen, sondern Verteidigunsanlagen. Sollte das so gewesen sein, dann haben die Äthiopier die allerschönsten Verteidigungsanlagen dieser Welt gebaut.
Wir schaffen es nicht alle Kirchen anzugucken. Ich glaube, dann würde ich auch vor neuen Eindrücken platzen. In meinem Kopf fallen lauter Bilder durcheinander. Aber eine Sache weiß ich sicher: mit Lalibela bin ich versöhnt. Mit den Kirchen hat das Dorf mehr als genug zu bieten und ich will unbedingt wieder hin, um in Ruhe noch mal das eine oder andere Detail anzusehen. Und ich möchte unbedingt noch zu den Klöstern im Umland.
Auf dem Weg zum Hotel gehen wir kurz in den Supermarkt. Die Auswahl ist nicht groß. 3 Sorten Ananas aus der Dose, Wein, Bleichcreme, Nagellack und ein Schokoriegel liegen einsam in den Regalen. Leider hat die Verkäuferin kein Wechselgeld. Wir wollten 7 Birr mit einem 10-Birr-Schein bezahlen...

Dann eben keine Schokolade! Wir bummeln gemütlich durch die Souvenirläden. Ich finde ein paar schöne Andenken und freue mich über die Ehrlichkeit des Händlers. Ich wollte auf keinen Fall wirklich alte Kreuze kaufen. Und nach ein bißchen Herumdrucksen sagt er mir, wie alt die Kreuze wirklich sind.
Da wir ja im Supermarkt nichts einkaufen konnten, müssen wir essen gehen. Ich habe auch schon wieder Injerra-Hunger! In einem wunderbaren Restaurant (beim Klo gab es sogar einen Eimer mit Wasser) gibt es richtig gute Injerra. Da wieder Fastentag ist, fasting: komplett ohne tierische Produkte. Aber trotzdem sehr lecker!

Kaum sind wir im Hotel, klopft es ganz laut an die Tür. Erst wissen wir nicht so richtig, ob wir aufmachen sollen oder nicht. Entschliessen uns dann aber für ja.
Ein paar Männer haben eine Mitfahrgelegenheit für den nächsten Tag organisiert. Okay, wir haben sie nicht darum gebeten und kennen sie nicht, aber wir werden uns die Sache morgen mal angucken.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!
Alles läuft, aber anders als geplant. Die Mitfahrgelegenheit ist okay, aber wir haben morgens noch ewig Zeit, also sehen wir uns eine Feier in der Bet Alehem Kirche an.
Alleine dafür hat sich die ganze Reise gelohnt. Irre!
Hunderte von Menschen sitzen, knien, liegen, stehen in der Kirche. In der Mitte singen und Trommeln die Priester. Einige der Besucher singen, andere schlafen und wieder andere lesen in der Bibel. Und ich bin mittendrin! Ich! Ich fühle mich so reich beschenkt.
Fast zwei Stunden hocken und stehen wir auf dem Steinfußboden. Dann ist die Zeit des Aufbruchs da. Wir schweben aus der Kirche und laufen schnell zum Treffpunkt. Wieder alles anders!
Aber das Ende vom Lied ist, dass wir mit einer sehr netten Familie im Privat 4WD nach Addis fahren. Es sind die Besitzer der 7 Olives Hotel.
Nach 14 Stunden Fahrt sind wir Addis schon deutlich näher. Die Nacht verbringen wir im Hotel. Sehr hübsch. Ein paar Frösche drin, aber sonst sehr sauber.
Je länger ich in Äthiopien bin, desto weniger will ich wieder weg!
Nach einer weiteren 10 Stunden Autofahrt sind wir in Addis. Die Fahrt war sehr angenehm. Das einzig aufregende war der einzige Tunnel in Äthiopien. Mussolini-Tunnel. Wer den wohl gebaut hat? Das Durchfahren funktioniert so: Der Tunnelwärter gibt das Signal zum Fahren, dann muss man gucken, ob irgendwer oder irgendwas im Tunnel ist, wenn das nicht der Fall ist: Losfahren und niemals anhalten, denn der Untergrund ist so weich, dass man nie wieder rauskommen würde.
Am späten Nachmittag sind wir in Addis. Und ich fühle mich wieder wie zu Hause. Sprease trinken im Sprease-Shop und Injerra essen.