01.06.2009

Das Leben als Millionär im Reiskorb

Saigon liegt ja nun sehr dicht am Mekong Delta. Hier in der Nähe der Mündung hat sich der Fluss in seine vielen Arme aufgespalten und fließt durch die Welt ins Meer. Nicky kennt jemanden, der jemanden kennt, der wiederum einen Bekannten hat, der auch wieder... Also irgendwie ist es gelungen, eine Familie in einem Dorf, etwa auf halber Strecke zwischen Chau Doc und Can Tho, aufzutreiben, die mit mir das Leben am Fluss teilen wollte. Ich bin also von Saigon mit dem Bus eine Weile gefahren und in die größte Stadt im Flussdelta gekommen, nach Can Tho (auch hier fehlen wieder sämtliche Akzente...). Die Stadt hat einen niedlichen kleinen Markt und eben eine gute Anbindung an alles andere. Mit einem Touristen-Ausflugsboot bin ich am nächsten Tag über den schwimmenden Markt geschwommen. Mich hat es eher an einen Großmarkt erinnert. Reis wurde in Säcken von einem Schiff auf das andere verladen. Kürbisse, Wassermelonen und Ananas gab es auch zu kaufen. Die großen Schiffe sehen aus, wie schwimmende Kartoffelsäcke. Irgendwie ganz sympathisch. Und das sympathischste an der Sache, jedes aber auch wirklich jedes Schiff hat mindestens eine Hängematte aufgespannt, in der in den allermeisten Fällen auch jemand rumliegt und von den Wellen in den Schlaf geschaukelt wird. Wir tuckern also gemütlich mit dem Motorboot umher, haben sogar Wände zum runterlassen, falls es regnen sollte (was es dann auch in aller tropischen Pracht getan hat) und betrachten das Treiben um uns herum. Ich hätte es mir bunter und lebhafter vorgestellt, nicht so professionell und eher unspektakulär. Am besten hat mir, neben den Hängematten, gefallen dass jeder Schiffsladen ein Ladenschild hat. Das Ladenschild ist genau, das was verkauft wird. Also das Obst oder Gemüse. Es wird an einen Bambusstock gebunden und auf dem Schiff aufgestellt. So kann jeder sehen, was das Schiff geladen hat, muss nicht erst hinfahren und nachfragen und auch, wenn alle Ware verkauft ist, kann es deutlich gemacht werden. Das Verkaufsgut wird einfach vom Babusstock abgemacht und jeder weiß: hier gibt es nichts mehr zu holen. Zum Mittag halten wir an einer Touristeninsel an. Rein zufällig sind vietnamesische Musiker anwesend und beglücken uns mit ihrem Gequietsche. Ich verziehe mich ganz schnell in eine der einladenden Hängematten und verzichte auf die kulturelle Einlage. Nach der Pause schippern wir weiter durch die Arme des Mekong. Vorbei an den unglaublichsten Grüns und kleinen Dörfern. Alle winken dem merkwürdigen Boot mit 6 Menschen mit hellen Haaren zu. Immerhin können sie nicht stundenlang starren... Nachmittags endet die Fahrt, wo sie angefangen hat und ich werde bald von Son (oder wie auch immer man das schreibt und welche Akzente dadrauf gehören) abgeholt. Er soll mich zu Familie Lee bringen. In einem wesentlich kleineren Boot, ohne Dach und ohne Rollwände, geht es durch das schlammbraune Wasser. Die Farbe sagt ausnahmsweise mal wenig über die Qualität und Sauberkeit des Wassers aus. Der Fluss hat einfach nur tonnenweise Sand und Erde und Steinchen und sowas von landeinwärts mitgebracht. Fische und andere Tiere gibt es in reichlichen Mengen. Am Flussufer stehen ganze Familien und angeln oder fischen mit Keschern. Am späten Nachmittag steht eine Familie am Ufer und winkt aufgeregter, als alle anderen. Ob das wohl meine Familie ist? Ja, bei denen werde ich eine Nacht verbringen. Son stellt uns vor und ich habe schon nach 2 Minuten wieder vergessen, wer wer ist. Ok, die Mutter war Mai, eins von den Kindern Tang und eins Huoang (einer dieser unaussprechlichen Laute). Und der Papa und das 3. Kind??? Mmmh, also ja.... Ein kurzer Spaziergang auf einem etwas schlammigen Feldweg und wie sind da. Kein fließend Wasser, kein Strom und trotzdem ganz ordentlich. Hübsch eingerichtet mit Holzmöbeln und einer Kochstelle, neben der ein Huhn liegt. In einem weiteren Raum hängt eine Hängematte mit Moskitonetz. Meine Schlafstelle. Ich bekomme den Garten gezeigt und viele Sachen erzählt, die ich nicht mal ansatzweise verstanden habe. Zusammen mit dem ultimativen Allstar, dem Point It, konnte ich zumindest zeigen, wo ich herkomme, dass wir manchmal Schnee haben und dass ich was mit Krankenhaus zu tun habe. Das Büchlein hat sich größter Beliebtheit erfreut. Jeder hat es mindestens 3 mal durchgeblättert und mir was gezeigt, was er schon mal gesehen hat? Oder mal sehen möchte? Oder gerne macht? Keine Ahnung. Zum Abendessen gab es auf jeden Fall das Huhn und Reis und irgendwas mit Fisch. Vietnamesich ist, dass jeder ein Schüsselchen mit Reis bekommt und dann mit seinen Stäbchen (meine Esskünste haben zu Lachanfällen der Kinder geführt) von der großen Platte mit dem anderen Essen. Limetten zum drüberträufeln und natürlich Fischsauce hat jeder in einer kleinen Schale neben sich. Das Essen war überaus köstlich. Und was macht man jetzt mit einem angefangenen Abend, in einer von Kerosin(?) Lampen erleuchteten Hütte? Wir haben eine Weile Schattenspiele gespielt. Auch hier war wieder das Point-It der Star des Abends. Hanna, ich kaufe dir ein neues, deines hat nämlich nur noch entfernt Ähnlichkeit mit dem Ausgangszustand. Ich bekomme das Klo gezeigt und dann wird mir bedeutet, dass ich doch bitte schlafen sollte. Ok, dann ab in die Hängematte, nicht umziehen oder so, nur Schuhe aus... Gemütlich schaukel ich in den Schlaf. Eigentlich hatte ich ja gesagt, ich wollte nichts mehr ohne Klimaanlage, aber das ist was anderes! Am nächsten Morgen weckt mich der Hahn. Ich glaube, er kräht solange, bis ihm jedes Huhn einmal geantwortet hat. Leider antwortet das Huhn von gestern Abend nicht mehr. Nichts zu machen, er kräht und kräht. Pünktlich mit Sonnenaufgang bin ich also wach. Nebenan rumort es auch schon. Zum Glück hat sich keine Schlange und auch Kein Skorpion in meinen Schuhen versteckt. So schnell wie an diesem Morgen war ich noch nie fertig!! Zum Frühstück gibt es Pho, Nudelsuppe. Auch hier sorgen meine durchaus verbesserungswürdigen Stäbchenkünste für amüsierte Gesichter.
Über meine unglaubliche Intelligenz in Sachen Akkus aufladen, bevor ich man eine Nacht ohne Strom verbringt, schreibe ich nichts weiter. Aber es könnte eine Erklärung für wenige Bilder aus der Nacht ohne Strom sein. Trottel wäre noch sehr vornehm ausgedrückt...
Ich werde von der ganzen Familie zum Anleger gebracht und nehme dort das "Taxi" nach Chau Doc, der Grenzstadt. Dank meines mitgebrachten Visums brauche ich nur 10 Minuten um den „abgereist aus Vietnam Stempel“ zu bekommen. Andere, die das Kambodscha-Visum hier beantragen brauchen deutlich länger. Schade, denn das Boot nach Phnom Penh fährt erst los, wenn „genug“ Leute zusammen gekommen sind. Also sitze ich im niedlichen Grenzhäuschen rum und gucke raus, gucke den Booten auf dem Mekong zu. Das Zusammenspiel von Wasser, Himmel, Wolken, Wasserpflanzen und Booten ist wirklich schön anzusehen. Es gefällt mir! Irgendwann haben alle 10 Leute ihre Visa zusammen und es kann losgehen. Mit einem laut tuckernden Bötchen geht es weiter Richtung Kambodscha. Ich bin zwar aus Vietnam ausgereist, aber noch nicht in Kambodscha eingereist. Mmmh, aha! Niemandsland also?! Ein paar Minuten später halten wir an einem rot-weißen Steg an, ein Grenzbeamter teilt Arrival Cards und mal wieder einen Gesundheitsfragebogen aus. Ob ich in den letzten 7 Tagen mal Kopf- oder Rückenschmerzen hatte? Ich beschließe, dass ich nichts von allen angebotenen Dingen hatte. Mit einer unglaublichen Ruhe und Gelassenheit bekomme ich auch den „in Kambodscha angekommen Stempel“ in den Pass. Wie man für drei mal Stempel bewegen 9,76 Minuten brauchen kann, ist mir ein Rätsel. Aber Hauptsache, ich darf rein ins Land. Vor mir liegt noch eine Bootstour von 3-4 Stunden. Kaum sitzen wir wieder im Boot, gießt jemand eimerweise Wasser über der Erde mit Schwerpunkt Mekong-Delta über unserem Boot aus. Zum Glück gibt es wieder Wände zum runterlassen. Mitten in einem Feld Wasserpflanzen hört sich das Tuckern des Bootes plötzlich anders an. Delr Kapitän (oder was auch immer) läuft ein wenig aufgeregt in Richtung Motor, bastelt an irgendwas rum und beim erneuten Start klingt das Geräusch noch schrecklicher. Irgendwie nicht so überzeugend. Wir dümpeln eine ganze Weile auf dem Wasser rum, Schlingpflanzen haben sich um die Schiffsschraube (wenn man dieses niedliche Ding denn so nennen kann) gewickelt und lassen sich nicht entfernen. Als wir ans Ufer getrieben sind, kümmert sich der Kapitän um den Weitertransport. Ein Bus holt uns ab und erklärt, dass wir in Anbetracht der schon fortgeschrittenen Zeit (es ist schon seit mindestens einer Stunde dunkel) ein Hotelzimmer bekämen. SO wollte ich das ja nicht. Ich hatte schon damit gerechnet, dass ich in ein super teures Hotel gekarrt werde und mehr oder weniger gezwungen, das Zimmer zu nehmen. Aber nichts dergleichen, das Zimmer ist als Entschädigung gedacht. Hatte ich gerade Zimmer gesagt? Ich meine die Suite!!!! Mit 2 King Size Betten, einem großen Balkon und einem Bad mit Badewanne und Fernseher mit Programmen wie BBC, CNBC, Australia Network und Disney Channel. Das Hotel liegt etwas außerhalb der Stadt, bietet aber eine Busfahrt nach Siem Reap an. Für gerade mal 1$ mehr als normal. Wollte mich da mal einer NICHT ausnehmen? Eine neue Erfahrung und zwar eine richtig, richtig gute!!!

Übrigens bin ich seit kurzem Millionär. Liebe Diebe, falls ihr jetzt denkt, bei mir gäbe es viel zu holen, dann lasst euch sagen, dass ich Dong-Millinoär bin. An Geldautomaten (die sogar funktionieren) kann ich bis zu 10 Mio. auf einmal abheben. Schon ein komisches Gefühl plötzlich mit einem Batzen Plastikgeld durch die Gegend zu laufen...