13.06.2013

Oh, you are from Norway?

Die erste Frage, die auf meine ehrliche Antwort, dass ich dort wohnen und arbeiten würde blitzartig gestellt wurde, war folgende: Do you eat lutefisk everyday? Ähm, nee. Nicht mal every week. Vielleicht einmal im Jahr im Winter. Nein und IKEA ist schwedisch und von meinem Zuhause mindestens 300km weit weg.
Wohl über 50% der Seattler können von sich behaupten, dass sie norwegische Vorfahren haben. Ich frage mich, ob die den ganzen Tag nur über Lutefisk und IKEA (was es zur Zeit der Auswanderung noch gar nicht gab) geredet haben. Vermutlich eher nicht, aber wenn ich an die USA denke, denke ich ja auch ganz schnell an Riesenburger,überdimensionale Colaflaschen und Popcorneimer (und modernen Genozid...).

Auf jeden Fall gibt es ein Nordic Heritage Museum, das ich mir angeguckt habe. Bei strahlendem Sonnenschein aufs Rad geschwungen (perfekte Gastgeber geben ihren Gästen auch ein Fahrrad um die Gegend zu erkunden) und los. Der Burke-Gilman-Trail ist eine ehemalige Bahnstrecke, die ohne große Hügel einmal von Osten nach Westen durch die Stadt geht. Ich radel vorbei an der Uni und an vielen Kleingärten, wo Super-Öko-Leute ihr eigenes Gemüse anbauen. Fahrradfahrer gibt es einige. Aber ich fühle mich erstaunlich einsam als Freizeitradler. Alle anderen scheinen für die Tour de France zu trainieren. Och nee, meine Vorurteile verdichten sich. Gibt es denn keine amerikanische Normalbevölkerung? Gibt es keinen, der wie ich zur Arbeit fährt, dabei aber kein Rennrad und Pulsoxymeter hat? Ich fahre an verschiedenen Parks vorbei und sehe dort die anderen 90% aus ihren Autos quellen. Supersize, sowohl das Auto als auch der Mensch. Und das im kühlen und reichen Nordwesten der USA - wie ist es dann in den "ärmeren" Staaten? Und vor allem, wo ist das dazwischen?

Die Parks sind übrigens sehr hübsch gelegen, direkt am Wasser und immer mit schöner Aussicht. Spannend ist der Gasworkspark. Eine alte Gasanlage steht darum und ziert die Grünflächen. Ein bisschen geisterhaft wirkt das, mitten im Grün rostende Irgendwasse und dazwischen Gänse, die die Wiese mit einem Ruheraum (oder wie übersetzt man restroom??) verwechseln.

Das Museum ist niedlich und sogar ein bisschen informativ. Ich lasse die Ausstellung auf mich wirken, gucke mir den Souvenirshop in aller Ruhe an und fahre mit dem Rad durch die Nachbarschaft und gucke mir an, wo die ganzen norwegischen Aus/Einwanderer untergekommen sind. Eine sehr hübsche Gegend. Lauter Einfamilienhäuser, gepflegte Vorgärten, kleine Cafés und individuelle Läden und nie weit zum Wasser. So lässt es sich sicher leben.
Nachdem ich auf dem Hinweg den Troll nicht gefunden hatte, wollte ich ihn wenigstens auf dem Rückweg sehen. Zum Glück gibt es nicht so viele Brücken in Fremont, so dass ich gute Chancen hatte, das Monster zu finden. Unter der Aurorabrücke bin ich stehen geblieben und habe ein bisschen die Gegend abgesucht. Nichts. Ok, dann den Berg hoch. Und siehe da, 3 kleine Ziegenböcke stehen in einem Garten. Also die Ziegenböcke sind aus Metall und vermutlich nur zur Zierde und um Menschen wie mir den Weg zu zeigen. Denn nun wusste ich, hier bin ich richtig. Ein Stück weiter den Berg hoch und ganz am Ende der Brücke saß endlich der Troll.