Wohl über 50% der Seattler können von sich behaupten, dass sie norwegische Vorfahren haben. Ich frage mich, ob die den ganzen Tag nur über Lutefisk und IKEA (was es zur Zeit der Auswanderung noch gar nicht gab) geredet haben. Vermutlich eher nicht, aber wenn ich an die USA denke, denke ich ja auch ganz schnell an Riesenburger,überdimensionale Colaflaschen und Popcorneimer (und modernen Genozid...).
Auf jeden Fall gibt es ein Nordic Heritage Museum, das ich mir angeguckt habe. Bei strahlendem Sonnenschein aufs Rad geschwungen (perfekte Gastgeber geben ihren Gästen auch ein Fahrrad um die Gegend zu erkunden) und los. Der Burke-Gilman-Trail ist eine ehemalige Bahnstrecke, die ohne große Hügel einmal von Osten nach Westen durch die Stadt geht. Ich radel vorbei an der Uni und an vielen Kleingärten, wo Super-Öko-Leute ihr eigenes Gemüse anbauen. Fahrradfahrer gibt es einige. Aber ich fühle mich erstaunlich einsam als Freizeitradler. Alle anderen scheinen für die Tour de France zu trainieren. Och nee, meine Vorurteile verdichten sich. Gibt es denn keine amerikanische Normalbevölkerung? Gibt es keinen, der wie ich zur Arbeit fährt, dabei aber kein Rennrad und Pulsoxymeter hat? Ich fahre an verschiedenen Parks vorbei und sehe dort die anderen 90% aus ihren Autos quellen. Supersize, sowohl das Auto als auch der Mensch. Und das im kühlen und reichen Nordwesten der USA - wie ist es dann in den "ärmeren" Staaten? Und vor allem, wo ist das dazwischen?
Die Parks sind übrigens sehr hübsch gelegen, direkt am Wasser und immer mit schöner Aussicht. Spannend ist der Gasworkspark. Eine alte Gasanlage steht darum und ziert die Grünflächen. Ein bisschen geisterhaft wirkt das, mitten im Grün rostende Irgendwasse und dazwischen Gänse, die die Wiese mit einem Ruheraum (oder wie übersetzt man restroom??) verwechseln.