15.06.2013

Und wenn sie nicht auftauchen, dann werde ich sie grillen!

Ja, genau. Mein fester Vorsatz, tauchen die Wale nicht auf, werden sie gegessen. Keine Angst liebe Tierfreunde, die Wale sind aufgetaucht und das Walsashimi wird verschoben.

Im Puget Sound und vor allem in der San Juan Straight kann man sowohl ortsansässige, sowie vorbeischwimende Orcas treffen. Manchmal auch Grau-, Mink- oder Buckelwale. Und Hafendelfine.Und Adler und Seehunde. Und sicher diverses anderes Viehzeug. Aber mir ging es ja primär um die Wale. Ob nun Zahn- oder Bartenwale war mir egal. Hauptsache Wal und am liebsten ganz groß, ganz nah und ganz viele. Schließlich bin ich in den USA.

Die Wale schwimmen meistens nicht direkt in Seattle und schon gar nicht in den Seen mitten in der Stadt. Also mussten wir etwas spazieren fahren, bevor wir die Orca Schwärme sehen konnten. Dabei fällt mir ein, ich hätte vielleicht nicht "Der Schwarm" direkt vor der Abreise lesen sollen. Wale, ganz in der Nähe von Vancouver Island... Ach, wird schon gut gehen. Auf jeden Fall machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein recht früh auf den Weg nach Whitbey Island und dann über die Brücke am Deception Pass (enge Meerenge mit krasser Strömung, hier kann man sogar Wildwasser rafting machen). Die Brücke selbst ist nicht weiter spannend. Halt ne Brücke. Aber, die Umgebung ist phantastisch. Dichter, grüner Wald in diversen Grüns reicht bis ans Wasser. An den Stränden liegt Treibholz. Ganz Bäume sind im Laufe der Zeit angespült worden und liegen auf den Kieselsteinen. Für mehr als einen kleinen Orientierungsspaziergang reicht die Zeit nicht. Wir wollen ja nach Anacortes. Auf dem Weg dorthin liegt noch der Mt Erie. Klar, dass wir da auch drauf müssen. Immerhin kann man mit dem Auto bis auf den Gipfel fahren. Vom offiziellen Aussichtspunkt hat man einen hübschen Blick auf eine Bucht. Mmmh, nett. Eine kleine Kletterpartie später, stehen wir auf einem Felsvorsprung und siehe da, in der Ferne liegt Seattle. Heute mal von einer Smogwolke umgeben. Die Aussicht ist herrlich, das Wetter verwöhnt uns mit Sonnenschein und wir genießen unser Frühstück hier. Ein perfekter Start für einen perfekten Tag. In Anacortes finden wir schnell unser Boot. Ein bisschen Zeit bleibt noch, um durch den Ort zu schlendern. Lauter Whale-Watching Agenturen, ein paar Hotels und sonst nicht so viel. Dick mit Sonnencreme beschmiert suchen wir uns einen Platz auf dem Boot. Erstmal ganz vorne. Und dann geht die Fahrt los.

Nach etwa einer Stunde ruhiger Fahrt, einigen Vögeln und vielen kleinen Inseln mit mehr oder weniger armseligen 500qm Villen tauchen die ersten Säugetiere auf. Ein paar Schweinswale tauchen mit ihrer Rückenflosse auf, um kaum eine Sekunde später wieder zu verschwinden. Wenn das alles gewesen ist, dann werde ich ein Monatsgehalt in Walsashimi, Walwok und Walschnitzel investieren. Wir tuckern erstmal weiter, essen Kirschen und genießen die Sonne. Dann kommen wir zu einer kleinen Bucht. Der mitfahrende Naturalist (Biologe??) ist sich sicher, dass hier eine Herde Orcas rumschwimmt. Ganz allein sind wir nicht, es sind noch 5-6 andere Walbeobachtungsschiffe da und ein offizielles Walforschungsschiff. Für alle gelten strenge Regeln, wie nah man den Viechern kommen darf. Ich glaube, es waren 500ft an der Seite und niemals nicht darf man in die Schwimmbahn eines Wals fahren. Tun wir nicht, wir dümpeln still auf der Stelle. Und siehe da, eine schwarze Flosse taucht aus dem Wasser auf. Und verschwindet wieder. Und da noch mal. Und dann geht alles ganz schnell. Der Naturalist tippt drauf, dass die Orcas gerade einen Snack eingenommen haben und weist dabei auf einen aus dem Wasser ragenden Felsen, auf dem einige Snacks rumliegen. Seehunde - Orcas sind mit Isländern verwandt, beide essen Seehunde! 

Orcas sind nach dem Essen scheinbar immer etwas hyperaktiv. Der erste springt aus dem Wasser und lässt sich mit einem Klatsch wieder zurückfallen. Der nächste hüpft und lässt sich auf die Seite fallen und noch mal. Dann einer auf den Rücken. Andächtig stehen wir an der Reling und schaffen es nicht einmal auf den Auslöser zu drücken, so faszinierend sind die Szenen. 7 Orcatiere, davon 2 Kinderwale schwimmen durch die Bucht,









springen aus dem Wasser und lassen sich seitlich, auf den Bauch oder auf den Rücken wieder reinfallen. Warum tun sie das? Die Wissenschaftler sind sich nicht einig. Aus Spaß sagt der eine, um Seepocken aus dem Fell zu machen, sagt der andere. Um auch mal Schwerkraft zu spüren sagt der dritte, nee nee Sozialverhalten behauptet der 4. Und was stimmt? Keine Ahnung. Aber grandios sieht es aus, wenn so ein schwarz-weiß geflecktes Tierchen von 7-8m Länge mal eben so aus dem Wasser springt und sich auf den Rücken dreht, damit die Rückenflosse beim Eintauchen so richtig schön klatscht. Nach viel zu kurzen 20 Minuten ist das Schauspiel vorbei und die Wale tauchen unter. Tschüss Wale, bis zum nächsten mal! Wir fahren ein Stück an der Insel entlang. So 200m vielleicht. Und dann halten wir an. Ganz parallel mit den Walen, auf keinen Fall in ihrer Schwimmbahn. Die Seehunde auf der Sandbank gucken uns an und dann wieder aufs Wasser. Und tatsächlich, die Gruppe schwimmt da lang. Vermutlich satt und zufrieden (they just made a kill) blubbern sie aus den Blasnasenlöchern. Doch dann ändert die Gruppe plötzlich die Richtung und schwimmt Richtung offenem Meer. Halt Wale, das geht nicht! Da steht ein Schiff im Weg. Ihr haltet Euch nicht an die Abstandsregeln! Zentimeter vor dem Schiff tauchen die Orcas mit einem kräftigen Ausatmen ab. Waldusche vom feinsten! Und ein Erlebnis für das Schatzkästchen der Erinnerung.

Der Rest der Tour zieht fast wie in Trance an mir vorbei. Adler, Seesterne, engen Passagen - alles toll. Aber am beeindruckendsten bleiben die Wale.