Als ich morgens in Tatopani aufwache, muss ich feststellen, dass die Mücken es doch etwas übertrieben haben mit ihrer Feierei heute Nacht. Im Gesicht und an den Händen, sogar in den Handinnenflächen haben sie gefeiert. Der Rest war gut einpackt im Schlafsack. Die moderne Form von Schwitzkur. Echt, das ist der reinste Wellness-Urlaub. Blutegeltherapie, Schwitzkur - ich bin gespannt, was noch alles kommt.
Erstmal kommt der Bus, sogar einigermaßen pünktlich. Platz ist natürlich keiner mehr, aber 6 Stunden stehen macht ja auch Spaß. Mittags hält der Bus an einem Straßenrestaurant. Hier gibt es mal Fisch. Mmmh naja. Also die kleinen, im ganzen frittierten Fischlein sind ganz lecker - knusprig frittiert halt. Aber der andere, goldfischgroße Fisch, der mit Schuppe und Flosse (Haut und Haar haben die ja nicht) gekocht auf meinem Teller landet, ist mir suspekt. Ich kratze das Fleisch von den Gräten ab, während alle anderen alles von dem Fisch auf ihre Löffel löffeln. Immerhin war die Sauce so scharf, dass nichts drin überleben konnte.
In Pokhara finde ich mich in einer anderen Welt wieder. Es gibt asphaltierte Straßen, viele Privatautos, Geschäfte, in die man reingehen kann, Hotels, Cafés, Restaurants usw. Ich will wieder zurück in die Berge. Meinetwegen teile ich mein Bett auch wieder mit Mücken und meinen Weg mit Blutegeln.
Obwohl, die erste Dusche mit warmen Wasser war wirklich angenehm. Und auch die Klimaanlage ist nicht schlecht. Pokhara liegt direkt an einem See. So richtig einladend wirkt der See allerdings nicht. Eher wie ein grünbraunes Etwas, mitten in der Stadt. Nachdem ich mich mitten im Kulturschock wieder finde, fange ich an, mich damit abzufinden, dass ich jetzt hier bin. Als erstes finde ich die Massageklinik der sehenden Hände. Ein Institut, wo Menschen mit Seh-Losigkeit (oder wie heißt das jetzt politisch korrekt??), massieren. Die haben einen guten Job, verdienen ihr eigenes Geld und tun nebenbei was gutes. Zumindest mir tun sie was gutes. 3 Wochen unterwegs mit jeden Tag Rucksack tragen macht sich an etwas verspannten Schultern bemerkbar.
Jetzt steht mir ein ganzer Tag in Pokhara zur Verfügung. Als erstes gehe ich in das Mountain Museum. Mal geht der Strom, mal geht er nicht - aber die Ausstellungen sind wirklich toll. Als erstes eine Sektion zu den größten Bevölkerungsgruppen Nepals. Mit traditioneller Tracht, mit Instrumenten, Kochgeschirr, den Hauptfeiertagen usw. Das war mal ein guter Überblick. Hätte ich vielleicht ganz am Anfang gebraucht. Dann folgt eine Übersicht über alle 8000er und wer sie als erstes bestiegen hat. Klar, dass Sir Edmund Hillary da auch erwähnt wird.
Am besten gefallen hat mir die Einheit über die Entstehung und Veränderung des Himalaya. Tolles Gebirge, ich glaube, ich bin ein bisschen Himalaya-abhängig geworden.
Als ich weiter durch das - gerade mal schumrige-stromlose Museum schleiche, stehe ich plötzlich vor etwas haarigem. Tach auch, Herr Yeti! Der Yeti ist vermutlich eine Art Bär, den die völlig verhungerten Bergsteiger gesehen haben. Nur gut, dass ich immer so reichlich gegessen habe und nie diese Bären - Moment, habe ich Bären gesagt? Warum habe ich die eigentlich nicht gesehen? Och mann, blöde Viecher! Außer ein paar Blue Sheep (Gebirgsziegen) habe ich keine freilebenden Säugetieren gesehen. Wie immer wenn ich komme, verstecken sich die blöden Angsthasen. Hätte nicht wenigstens ein Schneeleopard oder ein roter Panda rauskommen können?Ich muss wohl wiederkommen, um sie zu sehen. Doch gar nicht so blöd von denen.
Pokhara ist auch ein bisschen Tibet. Die größten Flüchtlingslager für Tibeter gibt es hier. Zu dem allergrößten der Lager fahre ich hin. Die Tibeter wünschen sich Besuch, es gibt Restaurants und Geschäfte auf dem Gelände und insgesamt macht alles einen sehr "aufgeräumten" Eindruck. Zuerst gucke ich mich durch ein paar Geschäfte. Klar, gibt vor allem irgendwelchen Touristen-Souvenir-Kram. Brauche ich eigentlich nicht, genauso wenig wie Teppiche oder Decken. Als ich an der Krankenstation durchs Fenster gucke, lädt mich die Ärztin gleich ein, einen Rundgang zu machen. Sie selber ist vor etwa 20 Jahren aus Tibet geflohen und arbeitet seitdem hier im Dorf, immer in der Hoffnung irgendwann wieder nach Tibet zurück kehren zu können. Ohh, da ist es wieder dieses Gefühl von Demut und Dankbarkeit. Offene Grenzen und mein Reisepass als Eintrittskarte in alle Länder der Welt - warum war ich noch mal unzufrieden? Die Arbeitsbedingungen scheinen ganz in Ordnung. Auf jeden Fall wirken die Behandlungsräume hell und sauber und der Krankenstube, die gerade nicht belegt ist, scheint sogar ein bisschen Intimsphäre zu bieten. Eine Neo haben die logischerweise nicht, dazu muss man in ein richtiges Krankenhaus. Vielleicht nächstes mal?
Und dann, ja dann ist auch der letzte Tag in Pokhara vorbei. Es geht weiter nach Kathmandu. Die Reise endet, wo sie begonnen hat. Jetzt heißt es einkaufen und ein bisschen Sighseeing. Und dann freue ich mich schon aufs Wiederkommen.