23.06.2009

Vom niedlichsten Flughafen in die wenig städtische Hauptstadt


Die Tage zu Hause sind viel zu schnell vergangen und der Flughafen hat mich wieder. Dieses mal allerdings der niedlichste Flughafen, den ich in den letzten 10 Jahren getroffen habe. Die Gates sind übersichtlich (2Stück, eins für Ankunft, eins für Abflug) und die Atmosphäre familiär. Das Flugzeug ist ebenfalls übersichtlich. Die eine Flugbegleiterin hat allerdings ein wenig zu tun, alle 27 Passagiere (wir sind vollbesetzt) mit Kaffe, Tee und Wasser zu versorgen. Wie durch ein Wunder schaffe ich es, die knappe Stunde wach zu bleiben. Aus dem herrlichsten Sonnenschein geht es durch dichte Wolken in den Regen. Na super...
Der Abholservice klappt, nur das mit dem Wetter müssen wir noch üben. Warum ist es denn jetzt schon dunkel? Vielleicht ist es besser, dass es schon dunkel ist, als wir zum "Palast" kommen. Nein, nicht vielleicht. Ganz sicher ist es besser. So fällt es auch nicht so auf, dass ich meine Schuhe anbehalten muss, damit nur die Schuhsohlen am Boden festkleben und meine Socken geschont werden. Da die All Blacks gegen Frankreich gewinnen sollen, geht es zur Unterstützung in die Stadt. Es hat geklappt, 14:11 steht es am Ende für die richtige Mannschaft. Was für ein Glück, sonst hätte ich die Possum-Suizid-Methode doch noch ausprobieren müssen. Jetzt heißt es nur Daumen drücken, dass die nächsten Tage besseres Wetter ist. Sonst muss ich mir was überlegen...

22.06.2009

Und plötzlich ist es wie immer

Nach Hause kommen, Schuhe ausziehen, Sachen auspacken und Tee trinken. Essen kochen (oder zumindest die Kumara schälen) und Tisch decken. Die Katzen streichen um die Beine, miauen, wollen beschäftigt werden. Nichts fehlt, Watties Tomato Sauce steht auf dem Tisch, alle sitzen und essen. Kürbis? Bäh! Wir reden (ok, das ist anders als früher) und erzählen von den Erlebnissen der letzten Wochen. Die letzte Greys-Folge wird auseinander genommen, wir fanden sie alle traurig. Die Katzen kuscheln sich vorm Kamin ein. Wir Kinder werden ins Bett geschickt. Es hat sich also doch nichts verändert. Nur die Küchenuhr ist nicht mehr da. Der Fisch, der Salamander... alle noch da!
King Smudge weckt mich morgens. Ich kuschel mich eine Weile in meine Heizdecke ein. Draußen hat das Gras eine Frostschicht. Die Pukekoes schreien. Gibt es eine bessere Definition von Zufriedenheit? Jetzt gerade bin ich mir sicher, dass nicht. Ich wage den Schritt in die Kälte, Frieren fühlt sich ja so gut an. Ehrlich! Die Fenster sind nass. Wie immer. Frühstück im Kiwistil: Weetbix mit heißem Wasser, Kiwis und Milch. Und es ist köstlich! Dann zu Nana, deren Auto geliehen und zum Mount. Jetzt habe ich alles, was ich brauche. Sonne, blaues Wasser, blauen Himmel, Stille, frische Luft und das Paradies. Wenn der Garten Eden existiert, dann hier. Der Schöpfer dieses Fleckchen Erdes hat nicht nur seinen Farbkasten bis ins unendliche ausgeschöpft, sondern auch die Kombination alles positiven geschaffen. Die Kiwis haben schon recht, wenn sie ihr Land Gods own Country nennen.
Sue verspricht mich in Deutschland zu besuchen, ich verspreche im Gegenzug nach London zu kommen. Ein wenig Heimat in der Heimat(?).
Wir holen Nana ab (Kinder sitzen selbstverständlich hinten im Auto...) und trinken zusammen Tee auf der Terasse. Es ist tiefster Winter, die Sonne verwöhnt uns mit milden 15 Grad und das Wasser des Pazifiks funkelt zu uns herauf. Immer noch sind die Pukekoes im Garten und singen ihre Lieder. Zusammen bereiten wir das Essen vor. 3 meiner 4 Geschwister arbeiten. Über den 4. schweigen wir lieber. Er tut es schließlich auch. 2 Hühner gestopft, Kumara und Kartoffeln für 12 Leute geputzt und geschält, den Traubensaft kaltgestellt. Langsam trudeln alle ein. Alle Kinder sind jetzt da. Ich lerne meine Gast-Schwägerin kennen. Dienstag werden wir auch erfahren, ob ich Gast-Tante eines Gast-Nicht oder eines Gast-Neffens werde. Hach ist das alles spannend. Wir reden und lachen. Haben Spaß und vergessen die Zeit. Wir Kinder sind für den Nachtisch verantwortlich. Haben viel Spaß in der Küche. Schade, dass nicht in diesem Moment die Zeit angehalten hat. Er wäre es wert gewesen!

20.06.2009

Haere mai! Willkommen zu Hause, im Paradies

Leise Klaviermusik empfängt mich im Flieger, eine ganze Herde Kiwis grinst ihr breites Kiwilächeln und dann die Sprache. Nach Norwegisch auf jeden Fall, die allerniedlichste der Welt. Keine andere Sprache hat so ein schönes "eeeeee". Es ist wie immer im Flugzeug, bis zum Essen kann ich mich wachhalten, dann siegt der Schlaf. Dabei wollte ich doch so viele Filme gucken, Spiele spielen und mein neuerworbenes Buch lesen. Naja, ich habe ja noch ein bisschen Zeit beim Blocksatznächsten mal. Das Leben ist schön und ich platze bald vor Zufriedenheit und Glück. Noch schlimmer wird es nach dem Aufwachen. Die Sonne ist gerade dabei über den Horizont zu kriechen, als ich einen ersten Blick aus dem Fenster wage. Der schwarze Nachthimmelwird von einem silber glänzenden Streifen in östlicher Richtung durchbrochen. Der Streifen wird breiter und färbst sich langsam orange-rot-gold. Dann beginnt auch schon die Sonne ihren Weg über den Horizont. Die Wolkenlandschaft färbt sich in sattem rot, während der Feuerball immer höher steigt und der Himmel seine Farbe von schwarz über silber nach blau wechselt. Der Himmel strahlt in seinem blauesten blau als wir landen. Das Blau nur unterborchen von einzelnen Schäfchenwolken, die ihren Verwandten unten auf dem grünsten Gras zuwinken und alles erleuchtet im Licht der strahlensten Sonne. Endlich, ich bin wieder zu Hause. Der kleine Flughafen wirkt wie eine Oase der Ruhe unter all den anderen hektischen Flughäfen dieser Welt. Erst der Hundeschnüffeltest, dann die Pass- und Gesundheitskontrolle. Der Pass-Kontroll-Mann blättert meinen Pass durch und grinst. "You missed out one year! What happened?" Ach, ich mag sie, die Kiwis. Ich bekomme meinen Stempel nachdem ich versprochen habe, nie wieder ein Jahr auszusetzen (und was ich versprochen habe, muss ich auch halten!). Mein Gepäck kommt auch gerade an und ich mache mich auf zur Biosecurity. Meine Schuhe halten die für sauber (ich habe auch ne Menge Sterilium drüber gekippt), nur mein Moskitonetz fassen sie mit spitzen Fingern an, als sie die Liste der Länder sehen, in denen das Netz mich vor den Blutsaugern beschützt hat. Ich bekomme eine kleine Abholmarke und darf jetzt endlich richtig rein. Wenn Glück sich als Flughafen verkleiden kann, dann ist im internationalen Terminal direkt gegenüber vom Ausgang eine Nische mit Spielautomaten und Freizeitvergnügen, links neben dem Ausgang ein McDonald und rechts neben dem Ausgang die Luke der Biosecurity. Ich bekomme mein Netz sauber wieder ("we cleaned it") und kann mich ins Abenteuer stürzen. Erstmal Kiwidollar holen. Hellblau, hellgrün und sogar ein bisschen lila-rosa. Warum haben wir nicht auch so tolles Spielgeld??? Der Flughafen-Innenstadt-Shuttle hat seinen Abfahrtsort gewechselt. Die Sonne lacht von ihrem blitzeblauen Himmel auf Gottes eigenes Land hinunter und das grüne Gras schimmert noch ein wenig im Morgentau. Selbst hier am Flughafen riecht es nach Frische, nach klarer sauberer Luft. Luft, wie ich sie seit dem Himalaya nicht mehr gerochen habe. Der Bus fährt mich durch bekanntes Gebiet. Ich habe noch 3 Stunden Zeit durch die Stadt zu laufen. Mit dem Rucksack eher weniger lustig. Ich genieße die wintrige Luft im Botanischen Garten am Wasser (hinter dem Hilton Hotel). Im Bus nach Tauranga schlafe ich bald ein, wache auf und weiß sofort wo wir sind. Katikati. Schade, jetzt habe ich Paeroa (wo L&P herkommt) und Waihi verpasst... Nächstes mal... In Tauranga (ich hätte dem Busfahrer ohne Probleme sagen können, wo er langfahren muss) holt mich Sue vor der I-Sight ab. Es ist ein bisschen so, als wäre ich nie weg gewesen. Haere mai! Nau mai! Willkommen zu Hause. Willkommen im Paradies!

17.06.2009

Hong Kong in 3 Tagen


Nach einem ereignislosen Flug (einsteigen, einschlafen, aufwachen, aussteigen) die Überraschung. Hier ist es ja auch warm. Na gut, keine Überraschung, damit war ja zu rechnen. Etwas verwirrt irre ich durch den riesigen Flughafen, der mich vom Aufbau an ein Spinnennetz erinnert. Es ist 9 Uhr als ich im Bus in die Stadt sitze. Ging alles doch ziemlich fix. Wieder mal Temperaturscanner und Gesundheitsdeklaration (nein, ich hatte keinen Kontakt zu Schweinegrippe in den letzten 7 Tagen, Halsschmerzen hatte ich auch nicht und niesen musste ich noch nie). Durch Hochhausschluchten, vorbei an Containerterminals im Hafen (Hamburg Süd hat auch hier wieder Container gestapelt) geht es in den Stadtteil Kwoloon. DOrt soll ich eigentlich von der Bushaltestelle abgeholt werden. Nach ein bisschen Warten kommt eine Frau in Highheels, hält mir die Visitenkarte des Hostels unter die Nase. Ich nehme mal an, deass ich ihr folgen soll... Das war eine gute Idee, denn sie bringt mich zum Hostel. Mein Zimmer ist mit 3,6m² geräumig (ja, ich habe nachgemessen). Das "Hostel" ist eher eine Wohnung. Es gibt einen größeren Raum mit Esstisch und Sofa, dann einen Flur von dem die Zimmer abgehen. Zimmer 1 bis 3 und ein Bad. Bevor ich noch irgendwas anderes mache, wedel ich schon mit meinem Pass. Wollten den doch sonst immer alle sehen oder über Nacht behalten. Nix. Mmmh, sollten die sich drauf verlassen, dass ich kein Terrorist bin? Tatsächlich. Kurz geduscht und ne Stunde geschlafen und dann auf ins Gewusel. Ich laufe die Nathan Road (inklusive der Nebenstraßenmärkte) runter bis zum Wasser. Dort auf die Star Ferry und nach Hongkong rüber (der Stadtteil heißt so). Es nieselt... Ich nehme trotzdem den Fahrstuhl, der mich in den 43 Stock der Bank of China führt. Oben stelle ich fest, dass ich ein bisschen graue Wolke sehen kann. Ich würde das unter "ein Satz mit X" verzeichnen. Dann eben den Hong Kong Park. Und einen Tempel (der Name klang chinesisch...). Der Tempel erinnert mich stark an die Tempel in Vietnam. Vor allem die in Chinatown. Endlich ist es dunkel. Endlich? Nicht, dass ich will, dass der Tag schon vorbei ist, aber die Skyline ist im dunkeln grandios! Ich fahre wieder mit der Fähre zurück und betrachte gerade zu andächtig das Spektakel, das sich am Ufer abspielt. Funkelnde Lichtlein überall. Wechselnde Farben und blinkende etwasse. Das MUSS man gesehen haben, ehrlich! Alle anderen Skylines, die ich bis jetzt gesehen habe, versinken im nichts dahinter. Zugegeben, meine Skylineauswahl ist auch nicht besonders groß, aber trotzdem.
Mit dem MTR (im Gegensatz zum MRT in Singapur) zurück zum Hostel. Wie genau ich ins Bett gekommen bin, weiß ich nicht mehr, aber irgendwie muss es ziemlich schnell gegangen sein. Gut so, denn der nächste Tag sollte ebenfalls spannend werden.
Schon früh morgens habe ich mich von meinem treuen Wecker wecken lassen. Bewaffnet mit einem Regenschirm und meinem Fotoapparat mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Ein kurzer Post-Check, dann vorbei an vielen, vielen hohen Häusern, durch knöcheltiefe Pfützen zur Kathedrale der Stadt. Ein wenig verloren steht die Kirche da zwischen den Wolkenkratzern. Sie passt irgendwie so gar nicht hierher. Es ist eine kleine Oase der Ruhe mitten im hektischen Bankenviertel Hongkongs. Mein nächstes Ziel ist der Victoria Gipfel oder einfach "the Peak". Ich könnte mit dem Bus hochfahren (langweilig), hochlaufen (dauert zu lange und macht bei strömendem Regen keinen Spaß) oder die Seilbahn nehmen (kultig). Ich habe mich spontan für die Seilbahn entschieden. Ein etwas altertümlich anmutendes Monstrum mit Holzbänken. In 10 Minuten fährt es ratternd auf den Berg rauf. Ziemlich steil, finde ich. Auf jeden Fall bin ich dankbar, dass ich eine Rückenlehne habe und nicht rückwärts und kopfüber durch die Gegend rolle. Oben ist ein ganzer Vergnügungspark, ein Einkaufzentrum und eine Aussichtsplattform, die Eintritt kostet. Ich verzichte auf die wunderbare graue Suppenaussicht. Ein bisschen besser ist das Wetter hier oben. Es gießt nicht mehr, es nieselt nur noch. Und es ist etwas kühler. Zu Fuß kann ich zu einer kostenlosen Aussichtsterasse kommen. Von hier kann ich die Stadt von oben sehen. Die Hochhäuser sehen immer noch riesig aus. Und das obwohl ich 500m in die Höhe gefahren bin. In der Ferne scheint das Wetter etwas besser zu sein. In der Ferne, die ich von hier erahnen kann, erscheint der Himmel blau. Blauer Himmel? Sollte ich nicht vielleicht dahin? Gedacht getan, ich fahre wieder in die Stadt, laufe zum Fähranleger und sitze eine gute Stunde später auf der Fähre. Eine Hafenrundfarht durch den Container- und Kreuzfahrtschiffhafen ist ebenfalls mit drin. Meine Gedanken springen im Kreis, weil ich auf einem Katamaran sitze. Kaum fährt er los, habe ich das Gefühl, dringend schlafen zu müssen. Kurz bevor wir da sind, wache ich auf. Wo sind wir eigentlich? Macau! Ach ja, ich wollte ja dem Regen entkommen und bin deswegen nach Macau gefahren. Die übliche "nein-ich-habe-keine-Schweinegrippe-Prozedur", die ich inzwischen bis zum Erbrechen auswendig kann und dann bin ich im Monaco Asiens. Nachdem ich schon im asiatischen Paris war, muss jetzt die kleine Casinostadt mit mir klarkommen. Im Regen laufe ich in die Stadt. Hatte ich nicht gesagt, ich wollte besseres Wetter? Merkwürdig, warum regnet es dann hier? Ich lasse mich nicht abschrecken und gucke mir die Bauwerke der Protugiesen an. Irgendwann bin ich wieder so nassgeregnet, dass ich mich auf den Rückweg mache. Einen portugiesisch-chniesischen Tempel kann ich auf dem Weg noch bewundern und dann wieder auf die Fähre, ein bisschen schlafen.Wieder in Hongkong (obwohl beide ehemaligen Kolonien offiziell zu China gehören, haben beide ihre eigene (von China unabhängige) Währung, eigene Zoll- und Visabestimmungen und jeweils eigene Einreise- und Gesundheitsformulare. Nun denn, ich lerne nie aus. Leider haben sie in Maucau meine Hing Kong Dollar akzeptiert und ich musste mir keine Mops holen. Alleine für den Namen hätte ich es gemacht. Hat sich für dieses mal nicht gelohnt, da Hong Kong die Mops nicht gerne zurücktauscht. Nächstes mal
In Hongkong erkunde ich den Temple-Street-Nachmatmarkt. Hier wird es, wie in Vietnam und allen anderen Ländern, in denen ich mich kürzlich aufgehalten habe, schnell dunkel. Eine lange Dämmerung gibt es nicht. Im Dunkeln versuchen mir Wahrsager eine Zukunftsdeutung aufzuschwatzen, Uhrenfälscher und Handtaschennachbauer bieten mir ihre Waren an und ich gucke in Shoppinglaune nach weiteren Dingen, die ich in das zu packende Paket stopfen kann. Der Tag endet wie er angefangen hat, mit einem tropischen Regenguss. Mein letzter Tag in Hongkogn beginnt mit dem Versuch möglichst sinnvoll zu packen. das Paket ist recht schwer. Dabei habe ich gar nicht so viel reingepackt. Zumindest gefühlt nicht viel reingepackt. Mmmh... Dafür erscheint mein Rucksack mir leichert als vorher. Sollte er auch. Ich versuche die Zollerklärung auszufüllen, stelle aber schnel fest, dass der Platz für die Inhaltsangabe ziemlich kanpp bemessen ist, wenn es stimmt, dass ich alles detailliert auflisten soll. Dem Mann in der Post genügt es. Alle, die Souvenirwünsche geäussert haben, sollten jetzt Daumen drücken, dass das Paket sicher in Deutschland ankommt. Alle anderen sollten sich fragen, warum sie keine Wünsche hatten...
Ich gucke mir den Kolonialstilstadtteil der Metropole an. Rote Telefonhäuschen, die überall vorhandenen Doppeldeckerbusse und eben die typisch europäisch anmutenden Häuser, lassen mich an der Tatsache zweifeln, dass ich in Asien bin. Gegen Mittag hole ich meine Sachena aus dem Hotel, erkunde zusammen mit meinem Gepäck das Filipino-Viertel und lasse mich vom Bus zum Flughafen fahren. Der gehört sicher nicht umsonst zu den 10 besten der Welt. Ich würde ihn ziemlich bald nach Singapur in die Reihe der schönsten Flughäfen einordnen. Es gibt viel zu sehen und zu erleben. Langsam steigt meine Vorfreude auf das etwas kühlere Neuseeland. Ich genieße das kostenlose W-Lan (einfach verbinden und den Zustimmen, dass ich keine verbotenen Seite angucke). Dann schallt eine asiatische Stimme durch den Lautsprecher, dass ich einsteigen kann. Sehr gut, ich bin nämlich schon ziemlich müde.

15.06.2009

Vom Paris des Ostens

Hanoi ist wie Paris! Ehrlich, es gibt Parks, in denen die Menschen flanieren, die Hanoier halten sich für etwas besonderes, es gibt eine französiche Kathedrale, überall wird Baguette verkauft und die Menschen genießen das Leben bei einem Ca Phe in einem der vielen Straßenafés. Und nicht zu vergessen, die meisten Häuser in der Altstadt sind tatsächelich von den Franzosen gebaut. Die vielen Autos (weniger die Motorräder) erinnern mich auch an den Verkehr rund um den Triumphbogen.
Insgesamt fand ich die ganze Stimmung französich. An vielen Ecken hätte ich gar nicht sagen können, ob es nun Paris oder Hanoi ist. Auf jeden Fall gefällt mir Hanoi. Ich habe fest vor, wieder zu kommen. Dann aber im Winter. Wenn die Vietnamesen mit 4 Pullis und 2 Jacken bekleidet immer noch frieren (und ich mit Jeans und Pulli genau richtig angezogen bin), werde ich noch mehr Ho Chi Minh denkmäler bestaunen, noch mehr Cafe testen und noch mehr Straßen erkunden. Um nicht wieder 2 Tage im Zug verbringen zu müssen, habe ich die asiatische Billigairline Jetstar Pacific getestet (und bin nicht abgestürzt, auch wenn die das hin und wieder mal machen). In Ho Chi Minh angekommen, dachte ich, mir könnte nichts mehr passieren in Sachen Taxi. Immerhin hatte ich ja die Adresse, wusste wo ich hin will... Tja, schade dass der Taxifahrer sich nicht auskannte. Trotz Telefonat mit der Zentrale "Bist du sicher, dass du DA hin willst? Da ist kein Hotel", zeigen auf der Karte und Erklärungen "nein, nicht in die Stadt" brauchen wir 90 Minuten für eine Strecke, die auch im schlimmsten Berufsverkehr in 30 Minuten zu schaffen ist. Als ich angekommen bin, können wir alle herzlich über den armen Taxifahrer lachen.
In meiner kleinen Kiwienklave plane ich das verbleibende Wochenende. Ganz groß auf dem Programm ist Einkaufen. Und noch ein bisschen durch die Stadt laufen und Vietnam genießen. Erst mit Clive (es ist immer gut einen starken Mann dabei zu haben, wenn man Millionen ausgeben will) und dann mit Nicky (Stilberatung ist mit Frauen sinnvoller) geht es auf den Ben Tanh Markt. Wie schon erwartet wechseln mehrere Millionen den Besitzer. Ich bin zwar Millionen ärmer, aber um einige Schätze reicher. Handeln geht übrigens super mit einem Taschenrechner. Einfach den Preis eintippen und dem Verkäufer zeigen. Mein Rucksack ist zum bersten gefüllt und ich bezweifel, dass ich damit ungeschoren ins Flugzeug komme. Entgegen meiner Befürchtung war die United Angestellte morgens um 4 guter Laune und hat mich ohne Zuschlag, nur mit einem strafenden Blick fliegen lassen. Auf nach Hong Kong!

13.06.2009

2x Welterbe aufeinmal


Wenn man Bilder von Vietnam sieht, ist eigentlich immer ein Bild dabei. Wasser, kleine felsige Inseln, die aus dem Wasser ragen und davor ein Schiffchen. Da ich ja schon mal im Norden des Landes bin, wollte ich unbedingt die Halongbucht sehen. In den letzten Jahren ist dieser Teil Vietnams gleich 2x von der UNESCO unter Schutz gestellt worden. Um genauer zu verstehen, was sich hinter diesem Weltkultur-/ naturerbe steht, bin ich einfach mal hingefahren. Mit einer organisierten Tour (Vietnam Ecological Tours, ich hab gedacht, ich kann auch mal was für die Umwelt tun) ging es morgens früh los. Mit einem kleinen Bus durch die nordvietnamsischen Reisfelder. Hier und da grast ein Wasserbüffel, da und hier badet einer von ihnen im Reiswasser. In einigen Feldern stehen Gräber, ganz normal in Vietnam. Man braucht keinen Friedhof, kann seinen Sarg einfach so in sein Reisfeld stellen. Man darf nur auf keinen Fall vergessen, die Ahnen zu bedenken. Eigentlich jeder hat einen kleinen Ahnenaltar im Haus oder im Garten stehen. Jeden Tag werden den Ahnen (3 Generationen im Normalfall) besondere Dinge geopfert. Hat der Verstorbene geraucht, gibt es Zigaretten, mochte er gerne Obst, gibt es Obst, auch Milch und Bier ist öfter mal als Opfergabe zu finden. Niemals fehlen Räucherstäbchen und Blumen. Auch auf den Gräbern habe ich oft Räucherstäbchen gesehen.
Also weiter vorbei an Reisfeldern, Wasserbüffeln und eben den Gräbern in den Reisfeldern bis nach Halong Stadt. Dort stand schon das Schiff und hat gewartet. Zum Glück hatte die Sonne sich entschieden eine Weile hinter den Wolken zu verstecken. So war der Stadtspaziergang (ein ziemlich langweiliger Ort) nicht ganz so heiß. Dann endlich aufs Boot. Und wo sind jetzt die Inseln? Die Zahnstocher, die aus dem Wasser gucken? Ich sehe am Horizont nur eine graue Suppe. Mit ein wenig Phantasie kann ich schon ein paar Inseln erkennen. Aber ich wollte doch diese Inseln sehen. Und nicht die Inseln in grauer Suppe. Ich beschließe abzuwarten und zu hoffen, dass doch noch die eine oder andere Insel auftaucht. Und siehe da, nach einer halben Stunde auf dem Wasser kommt auf der linken Seite eine Insel zum Vorschein. Ui, die ist ja grün! Wir fahren ziemlich dicht an dem Inselchen vorbei. Ich weiß gar nicht, wie ich die Insel beschreiben soll. Es ist mehr ein bewachsener Felsen, der aus dem Wasser ragt. Wir fahren zwischen den Inseln durch, die immer dichter zu werden scheinen. Ich hätte mich schon nach ein paar Inseln total verfahren. Nach jeder Insel tauchen rechts und links jeweils neue Inseln auf. Und sie ragen wirklich wie Zahnstocher, also sehr dicke und grün bewachsene Zahnstocher, aus dem Wasser. Ich bin schon nach wenigen Minuten der Inseln vollkommen orientierungslos. Wie gut, dass ich einen Kompass dabei habe.
Wir fahren immer weiter in die Inselwelt hinein. Immer wieder tun sich schöne und faszinierende Szenen vor meinen Augen auf. Gedankenversunken gucke ich aufs Wasser. Da macht es plötzlich platsch. Was das war? Ein Seeadler, der sich sein Mittagessen geholt hat. Dieser große Vogel hat etwas majestetisches. Nichts, aber auch gar nichts vom hellschwarzen oder dunkelweißen Pleitegeier, der im Bundestag hängt, sondern wirklich etwas besonderes. Wie lange er wohl dort eben über dem Schiff geflogen sein mag? Ob sein Mittagessen auch gut war? Unser Mittag bestand aus Reis und Tintenfisch. Wenn die Tiere nicht als ganzes Tier auf meinem Teller landen, kann ich mich damit anfreunden. Zumindes probieren muss drin sein. Und sonst gibt es ja immer noch Reis mit Fischsauce.
Nach dem Mittag dann umsteigen ins Kanu. Paddelnd gelangen wir zu einer Höhle. Ich bin zwar nicht ins Wasser gefallen, aber nass bin ich trotzdem. Paddeln ist doch ganz schön anstregend. Vor allem in der Mittagshitze. Die Stufen zur Höhle sind etwas rutschig. Aber lange nicht so steil, wie andere Stufen, die ich in den letzten Wochen hinaufgeklettert bin. Dann kommt der Moment, in dem die Höhle ihrem Namen alle Ehre macht. Surprise - es ist kühl. Herrlich! Die Drachenfrau, die sonst in der Höhle wohnt ist gerade nicht da und so können wir ihr Bad bestaunen und die Löcher an der Decke, die sie mit ihrem Schwanz hineingeschlagen hat. In verschiedensten Farben angestrahlt entwickeln die Tropfsteinformationen eine ganz eigene Atmosphäre. Es gibt hier Schildkröten (deutlich zu erkennen), Elefanten (meine Phantasie reicht nicht aus, um ihn zu sehen), einen versteinerten Drachenschwanz (eindeutig) und noch viel mehr Figuren, wenn man seiner Phantasie freien Lauf lässt.
Leider ist die Wanderung durch die Höhle auch irgendwann vorbei und wir gehen wieder an die Erdoberfläche. Komisch, hier ist es sehr warm... Mit dem Kanu weiter Richtung Festland. Auf dem Weg haben wir die Möglichkeit im kristallklaren, körperwarmen Wasser zu baden. Das Kanu schwankt gewaltig, als ich aussteige um ein wenig zu planschen. Noch viel weiter neigt es sich beim Einsteigen auf die Seite. Zum Glück sind meine Sachen alle in mehrere Plastiktüten verpackt und in einer wasserdichten Tonne verstaut. Alles ist gutgegangen und ausser ein paar Mücken (inklusive Stiche) bin ich keinem weiteren Tier begegnet. Vermutlich würde auch alles gegessen, was sich hier im Wasser bewegt... An einem kleinen schwimmenden (Touristen-) Dorf werden wir vom großen Schiff eingesammelt und nach Halong Stadt zurück gefahren. Von dort mit dem Bus weiter nach Hanoi. Ein aufregender Tag.

11.06.2009

Ach nee, Ha Noi

Nach der etwas abenteuerlichen Zugfahrt bin ich ohne Loch im Kopf in Hanoi angekommen. Am Bahnhof war es trubelig. So etwa hatte ich mir alle Bahnhöge vorgestellt. Kaum habe ich einen Fuß auf die Stufen vom Wagen gesetzt, um auszusteigen, quasseln Taxifahrer und Motorradfahrer auf mich ein. Als wären hier keine anderen, die ein Taxi haben wollten. Tss... Ich steige erstmal aus und suche mir dann jemanden, der nicht aggressiv um meine Dong wirbt. Gesucht, gefunden, aufgestiegen, brutal übers Ohr gehauen worden (ich habe noch versucht zu handeln, aber die wollte einfach nicht) und sicher im Hostel angekommen. Ich bekomme mein gebuchtes Bett und falle rein. Als ich unter der Dusche stehe, macht es klick und das Licht ist aus. Super, Stromausfall und ich muss erst noch meine Taschenlampe suchen. Nach 2 Stunden ist der Spuk zum Glück vorbei und ich kann mit dem Surren der Klimaanlage einschlafen.
Von Hanoi ist es nicht mehr weit in die Halongbucht - ich sehe mich nach Möglichkeiten um, dort hin zu kommen, stelle fest, dass eine organisierte Tour die einzige Möglichkeit ist, mit begrenzten finanziellen Mitteln (Alternative Taxi mieten und vor Ort eine Yacht) einen Ausflug dorthin zu machen. Ich entscheide mich für eine Tour mit Höhlenwanderung und Kayakfahren. Dann will ich weiter, um Onkel Ho in seinem Mausoleum zu besuchen. Das Mausoleum ist eine besondere Sache und auf jeden Fall einen Besuch wert, nicht nur wegen der hervorragenden Klimaanlage.
Das Gebäude ist von weitem sichtbar, direkt davor darf man nicht langgehen. Ich muss also einmal um den Block laufen, um zum Eingang zu kommen. Dort ist bereits eine lange Schlange, die sich erstaunlich schnell vorwärts bewegt. Ich muss meine Tascheabgeben, da elektronische Geräte (Kamera...) nicht mit ins Mausoleum dürfen. Metalldetektor und dann weiter in die Schlange. Fürsorglich und um meine Haut bedacht, haben die Vietnamesen den Weg mit Schirmchen überdacht. Ich komme an dem einen oder anderen Wachsoldaten vorbei (weißer Anzug und Mütze) und dann darf ich rein. Links die Treppe hoch, hier stehen jetzt überall Soldaten. Warum dürfen die eigentlich ihre Mütze aufbehalten, während der Normalsterbliche weder eine Mütze aufhaben, noch die Hände in den Taschen haben darf? Egal. Immer noch in der langen Menschenschlange schreite ich in den orangebeleuchteten Saal. Mit Mühe kann ich mir das Lachen verkneifen. Warum es wohl orange ist? Vielleicht haben due auch Agent Orange benutzt?? Wohl eher nicht, denn der Onkel da im Glaskasten hat noch Haare. Böse Zungen behaupten Madame Tussaud hätte die Führung des Mausoleums übernommen. Ich könnte es mir durchaus vorstellen. Auch wenn die offizielle Haltbarmachung jedes Jahr zusammen mit Hos Freund Lenin in Russland stattfindet.
Das ganze war surreal.
Weiter zu 1-Säulen-Pagode. Die ist auf den Münzen drauf und ich dachte, ich müsste sie sehen. Mit einem Vogelhäuschen habe ich eher nicht gerechnet. Ok, ein bisschen größer als ein Vogelhäuschen, aber nicht so groß, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Eher niedlich. Den Besuch auf dem Volksonkelgrundstück schließe ich mit einem Besuch des Ho Chi Minh Museums ab. GUt, dass ich eine Führung gemacht habe. Ohne die hätte ich gar nichts verstanden. Mit Führung habe ich wenigstens eingesehen, dass es eine Zeitreise ist. Von den Anfängen Hos kommunistischer Karriere bis hin zu seiner Idee des perfekten Staates. Ho Chi Minh ist übrigens nur eines seiner vielen Synonyme (scheint hier in der Gegend ja ganz beliebt zu sein, sich ein paar Synonyme zuzulegen, Pol Pot hatte auch ein paar) und bedeutet "der, der Erleuchtung bringt" Immerhin stimmt es soweit, dass es in Vietnam tatsächlich Straßenbeleuchtung gibt...
Auf dem Weg zum See auf der anderen Seite der Altstadt gucke ich mir den Tempel der Lietratur an und stelle wieder fest, dass asiatische Tempel so anders sind, als alles, was ich als bekannt empfinde. Warum genau, der Literaturtempel heißt, weiß ich auch nicht. Im Garten stehen ein paar Schildkröten aus Stein, die lange Inschriften tragen. Aber im Tempelgebäude selber sind keine Bücher oder Schriftrollen ausgestellt. Dafür erfahre ich, dass die lateinische Schrift tatsächlich von den Franzosen nach Vietnam geschleppt wurde. Ganz früher wurden chinesische Schriftzeichen benutzt, dann eine eigene Schrift erfunden, die sich von der chinesischen ableitet und dann kam ein Franzose und wollte ein bisschen missionieren, konnte aber die Schrift nicht lesen. Daraufhin hat er sich eine Schreibweise ausgedacht, die uns bekannte Buchstaben mit diversen Akzenten verbindet und die Schrift für uns lesbar macht. Jedoch nicht sie Sprache verständlich. Vielleicht deswegen Tempel der Literatur.
Nach einer kleinen Mittagspause geht es weiter zum See mit einem weiteren Tempel drin. Die ganze Anlage wirkt vertraut. Ich gucke auf das Wasser und bin sicher, dass ich, wenn ich mich umdrehe, das amerikanische Konsulat oder die Villa von Karl Lagerfeld sehen werde, von rechts müssten gleich ein paar Schwäne auftauchen und von links ein Alsterdampfer rübertuckern. Komisch, wo sind die? Huch, ich bin ja gar nicht in Hamburg... Das ist ja nicht die Alster sondern der Hoan Kiem See. Na gut... Ich bezahle brav den Eintritt für den Tempel (der dem Schutzpatron der Ärzte gewidmet ist) und gehe über die rote Brücke auf die kleine Insel. Wieder ein Tempelchen, wieder ein Ofen in dem Geldscheine verbrannt werden und ein Altar auf dem Bonbons und buntes Plastikspielzeug liegen. Nach dem Inselspaziergang geht es weiter durch die Altstadt. Hier haben die Franzosen wieder mal ganze Arbeit geleistet. Klejne schmale kolonialestilartige Häuser und schmale Straßen, kleine Geschäfte und hier und da ein kleines Cafe und mal ein Tempel. Eine europäische Stadt in Asien? Eine interessante Kombination, eine die mir gefällt. Schön wäre es jetzt noch, wenn die Temperatur unter 30° fallen würde und die Luftfeuchtigkeit von 90% auf 50% sinken könnte...

09.06.2009

Zugfahren in Vietnam

Nach einem Bericht über Zugfahren in Indien, muss es auch einen Bericht über Zugfahren in Vietnam geben. Das Buchen ist nicht weniger umständlich. Zwar sind die Züge (es gibt deutlich weniger Verbindungen, eigentlich nur eine - den Wiedervereinigungsexpress) nicht nach wahllosen Nummern sortiert, sondern nach Bestimmungsort und Abfahrtszeit. Auch gibt es weniger Klassen, aber die unglaubliche Schnelligkeit der Reisebüro- und Bahnmitarbeiter ist schon als umständlich zu bezeichnen. Ich hatte mir von einem Reisebüro die Zeiten geben lassen und meine Favoriten rausgesucht. Zusammen mit dem Datum, an dem ich fahren wollte aufgeschrieben und den Mann vom Reisebüro gebeten, bei der Bahn zu fragen, ob noch ein Plätzchen für mich in der ersten oder zweiten Klasse frei wäre. Der Mann nimmt den Zettel, liest alles vor, ich bestätige ihm die Richtigkeit der Daten. Er geht zum Telefon, nimmt den Hörer in die Hand, atmet tief ein und aus, ein und aus, ein und aus. Wählt die erste Ziffer der Nummer, atmet ein und aus, 2. Ziffer, atmet ein und aus, 3. Ziffer, atmet ein und aus (den Rest spare ich mir). Er redet eine Weile, legt auf. Teilt mir mit, dass der erste Termin auf meinem Zettel leider nicht mehr in der ersten Klasse möglich ist. Er ruft ein 2. mal bei der Bahn an, um zu fragen, ob in der 2. Klasse noch etwas frei ist. Dieses Spiel haben wir gespielt, bis alle erdenklichen Kombinationen ausprobiert waren und er endlich einen freien Platz von Saigon nach Danang und von Danang nach Hanoi gefunden hat. Dass er diese Plätze nicht gleich reserviert hat, erwähne ich mal nur am Rande. Es folgte wieder das Hörer in die Hand nehmen, einatmen, ausatmen, erste Ziffer und so weiter. Meine Zugfahrt ist endlich reserviert. Hat nur knappe 2 Stunden gedauert. Hätte ich das gewusst, hätte ich auch zum Bahnhof laufen können, das hätte nicht länger gedauert.
Ich habe mich dann spontan gegen Laufen im strömenden Regen entschieden und bin mit dem Taxi zum Bahnhof gefahren. Vielleicht wäre Laufen auch eine Spur weit gewesen. Das Taxi braucht bei mäßigem Verkehr gute 40 Minuten. Meine Erwartungen an den Bahnhof sind gering. Ich erwarte eine Horde von Menschen, die in allen Ecken sitzen, stehen und liegen. Dazwischen ein paar Bettler und Teeverkäufer, müde Ventilatoren und schnarrende Durchsagen, die keiner versteht. Als ich das Bahnhofsgebäude betrete muss ich mich kneifen, um sicher zu sein, dass ich wach bin. Klimaanlage! Internetterminals, Lotteria (der vietnamesische McDonald-Verschnitt), ein Café und Menschen, die leise miteinander redend in den Stuhlreihen der Bahnhofshalle sitzt. Mit dem Berliner Hauptbahnhof ist dieser Bahnhof nun nicht zu vergleichen. Aber mit dem Neu Delhi auch nicht. Der Zug ist schon da. Mein Abteil und mein Bett habe ich auch schnell gefunden. Hard sleeper ist wirklich eins: hart! Ein Holzbrett mit einem Laken. Na dann, gute Reise! Zugfahren in Indien war billig und bequem. Zugfahren in Vietnam ist teuer und unbequem. Zumindest im Hard sleeper ganz oben. Meine Länge macht mich ja nicht gerade zum Riesen, aber an Sitzen ist in diesem Bett nicht zu denken. Ich liege also die nächsten 16 Stunden, begleitet von Kindergeschrei und vietnamesischer Musik in meiner Koje und genieße zumindest ein bisschen die Aussicht. Die Frau im Bett unter mir versucht ein Gesrpäch zu beginnen. Meine Vietnenglisch-Kenntnisse sind allerdings beschränkt. Trotzdem haben wir eine Menge Spaß und ich werde zum Essen eingeladen. Kein Railway Catering, das regelmäßig auch durch die billigen Klassen läuft. Keine Teeverkäufer, keine Suppenmänner und Kaffeeausschenker. Schade!
In der ersten Klasse, im Soft Sleeper war es dagegen deutlich bequemer, nur 4 Betten im Abteil (im Gegensatz zu 6 im Hard Sleeper). Die Anzahl der Betten sagt nichts über die Anzahl der Passagiere aus. Ich reise mit 8 weiteren Menschen im 4-Bett-Abteil... Das Railway Catering hier funktioniert auf eine ganz eigene Art und Weise. Man bestellt sein Essen (und das bei meinen Vietnamesischkenntnissen), bezahlt und bekommt eine Quittung. Dann darf man den Moment nicht verpassen, in dem der Mensch mit dem Essen vorbei kommt und es verteilt. Ich habe schon deutlich besser und billiger im Zug gegessen. Wieder eine Erfahrung mehr.
Ich habe während der Fahrt von Danang nach Hanoi (die unendlich schöne Ausblicke auf die Küste geboten hat und sicherlich eine Reise an sich Wert ist) eine kleine Sozialstudie gemacht. Kinder reicher Vietnamesen sind verzogen. So haben drei der fünf in meinem Abteil mitreisenden Kinder konstant geschrien, Fußball (ich habe zwischendurch meine Brille abgenommen, weil ich Angst hatte, der nächste Ball könnte nicht nur mein Kinn oder meine Wange treffen) oder zwischen den Betten hin und her hüpfen gespielt. Auf dem Gang war es kaum besser. Ein Hackisack ähnliches Geschoss flog die ganze Zeit unter wildem Gekreische umher. Die Mittagsstunde hatten sich alle mehr als redlich verdient, bevor der Zirkus am Nachmittag in eine 2. Runde ging. Ich mag fast behaupten, dass ich nach den 16 Stunden auf dem Holzbrett erholter war, als nach den 16 Stunden im zwar bequemen, aber unendlich lauten und gefährlichen Soft Sleeper...

Der Charme alter Zeiten

Um möglichst viel vom Land zu erleben, bin ich mit dem Zug Richtung Norden gefahren (zum Zugfahren später mehr, das ist ein eigenes Kapitel wert). Etwa auf halber Strecke zwischen Saigon und Hanoi liegt Danang (ich bitte im Vergangenen und Folgenden fehlende Akzente zu entschuldigen. Ich kann es nicht besser). Danang hat wird von den meisten Touristen gemieden. Viel zu sehen gibt es direkt im Ort auch nicht. Dafür 30km südlich. Im kleinen Örtchen Hoi An. Ich bin trotzdem nach Danang gefahren. Einfach aus dem Grund, dass Hoi An keine Zuganbindung hat. In Danang ist das Museum der Cham-Figuren. Das sind die Figuren, die normalerweise an den Tempeln im Angkorstil sind und von Kunsträubern und Kulturschändern gestohlen und an reiche Europäer/Amerikaner/Araber verkauft werden. Ein paar sind aus der frenzösischen Gefangenschaft befreit worden und in einem kleinen Museum in Danang ausgestellt. Nun ja... An den Tempeln wirken die Figuren eindrucksvoll. Hier stehen sie ein wenig verloren rum. Der kleine Markt dagegen ist viel bunter und aufregender. Leider ist es unendlich warm. Wir kommen inzwischen fast an indischen Verhältnisse heran, nur dass es nebenbei auch noch feucht ist. So führt mich mein Weg am Nachmittag nicht weiter in die Stadt sondern an den Strand. Ich plansche ein wenig mit den Füßen im Wasser und genieße den Schatten der Palmen. Da Hoi An nur 30km weit weg ist, habe ich mich mit einem Xe Om dort hin kutschieren lassen. Auf dem Weg am Marble Mountain halt gemacht und dort die Tempel und Höhlen bestaunt. Ein ganzer Berg mit Tempeln und Pagoden übersät. Viele Höhlen gibt es dort zu erkunden, die idel sind, um für kurze Zeit vor der gnadenlos niederbrennenden Sonne zu fliehen. Hier herrscht Buddha vor. In den Höhlen im Lotussitz sitzend oder stehend, immer wieder Buddha. Und Räucherstäbchen fehlen hier auch nicht. Leider ist die größte und wohl beeindruckenste Höhle zur Zeit gesperrt. So klettere ich, die "Madame-buy-cold-drink-from-me-Rufe" ignoerend die Stufen zum Aussichtspunkt hinauf. Von hier kann ich auf das blaue Meer und den gelben Strand des China Beach gucken. Im Krieg haben sich hier amerikanische Soldaten in der Sonne gealt. Heute spielen Kinder im Sand.
Nach einer aufregenden und anstrengenden Wanderung über den Berg geht es weiter nach Hoi An. Wundersamerweise ist diese Städtchen im Krieg nicht weiter zerstört worden. Den architektonischen Meisterleistungen der 60er und 70er Jahre blieb somit keine Chance. Die Altstadt ist auto- und motorradfrei. Das macht die ganze Sache wirklich angenehm. Das Überqueren der Straße hat hier nichts mit suizidalen Absichten gemein, ganz im Gegensatz zu Saigon... Am Fluß gelegen reihen sich kleine Häuser aneinander. Verbunden durch schmale Gassen und kleine Straßen. Der ganze Ort besteht aus Souvenirgeschäften, Schneidereien, Hotels und Restaurants. Nur unterbrochen von Museen, Tempeln und Pagoden. Ich wandere einfach durch die Straßen, gucke in das eine oder andere Geschäft und bin sicher, wiederkommen zu müssen. Im Winter und mit mehr Zeit und einem gefüllten Konto. Merkwürdigerweise habe ich Interesse an dem einen oder anderen Kleidungsstück. Ich hätte schon gerne so einen Mantel oder eine Bluse. Vielleicht auch eine Hose und ein Kleid. Dieser Wunsch wird auf das nächste mal Vietnam verschoben. (Und das gibt es, ganz sicher!)
Ich gucke mir die Tempel und Pagoden an, staune ein wenig im Revolutionsmuseum (von dem ich sicher mehr gehabt hätte, wenn es nicht ausschließlich auf vietnameisch gewesen wäre) und schlendere weiter zu chinesischen Versammlungshalle und zur japanischen überdachten Brücke. Ein paar alte Häuser sind der Öffentlichkeit zugägnlich und ich darf die Zeitreise in die Vergangenheit antreten. Ein Hausaltar, eine Feuerstelle, Teegeschirr und weiße Striche. Weiße Striche? Ja, an der Wand sind die Wasserstandmarkierungen der letzten Überflutungen. Eigentlich jedes Jahr kommt das Wasser ins Haus und sorgt für ein wenig Abwechslung.
Der Tag war lang und anstrengend. Und das nicht nur wegen der immernoch fast unerträglichen Hitze. Ich kippe abends nahezu ins Bett, kann es aber nicht lassen noch ein wenig mein neues Lieblingsprogramm im Fernsehen zu gucken. Deutsche Welle TV Asien. Es gibt echt alles...

Das Chinatown von morgen

Ja, auch in Ho Chi Minh City gibt es ein weiteres asiatisches Viertel, Chinatown. Es ist nicht ganz so bunt und wuselig, wie Chinatown in westlichen Ländern - oder es fällt einfach nicht so auf - aber ein Erlebnis ist es alles mal wert. Nachdem ich meine Zugtickets gebucht hatte (die Entdeckung der Langsamkeit Teil 2), bin ich im chinesischen Viertel auf Schatzsuche gegangen. Lange musste ich nicht suchen. Mit Hilfe des allwissenden Stadtplans habe ich gleich die Cholon Moschee gefunden. Warum die ausgerechnet in Chinatown ist, weiß ich nun auch nicht. Sie ist auch relativ unscheinbar und langweilig, verglichen mit dem, was mich noch erwartet hat. Gleich daneben der Markt. Alles Obst, was man sich so in Vietnam vorstellen kann, liegt hier in Pyramiden aufgestapelt. Mangosteen, Rambutan, Sapodilla, Mangos, Custard-Apples (ähm, wie heißen die noch auf deutsch?), neuseeländische Braeburn-Äpfel und Erdbeeren. Direkt daneben Gemüse, vornehmlich grün und entweder gurkig oder blättrig. Auch Auberginen und Wurzeln gibt es zu kaufen. Spannend ist wieder die Fisch- und Meerestierabteilung. Aale alen sich in Schüsseln, Krabben krabbeln übereinander und hin und wieder wird ein Fisch aus dem Wasser gefischt. In der Fleischabteilung kann ich zwischen Hühnerköpfen und -füßen wählen. Oder eine ganze Ente kaufen. Kein Wunder, dass die Vogelgrippe damals aus Asien kam... In der Abteilung "getrocknetes" gibt es Tintenfische direkt neben Ginseng und Kräutern.
Ich spaziere weiter und komme zum ersten Tempel (oder Pagode? ). Die klar dominierenden Farben sind rot und gold. Es herrscht geschäftiges Treiben, Leute kommen und gehen, kaufen Räucherstäbchen und verbrennen sie, wirbeln dabei den Rauch in die Luft, dass es mir fast selbige zum atmen nimmt. Inzwischen ist der Himmel gefährlich dunkel. Ich will doch noch weiter... Kaum bin ich 5 Minuten unterwegs trifft mich etwas nasses auf dem Kopf. Im Ganzkörperkondom laufe ich weiter. Ich werde zwar nicht von oben nass, dafür ist die Belüftung so schlecht, dass ich von ganz alleine vollkommen nass bin. In einem weiteren chinesischen Tempel versuche ich ein wenig zu trocknen. Vermutlich wäre räuchern der richtigere Ausdruck... An der Decke hängen ganze Spiralen, die abgeräuchert werden können. Mit einer Leiter bewaffnet geht ein Mann herum und zündet eine Spirale nach der anderen an. Immer noch tropfnass, werfe ich das blaue Ding wieder über und laufe weiter. Der Regen ist weniger geworden. Gäbe es eine Richterskala für Regen, dann wäre er jetzt nur noch bei 7. Ein durchschnittlicher Schauer in Saigon hat eigentlich immer Stärke 10, von Anfang bis Ende. Dass es jetzt weniger wird, kommt mir komisch vor. Einen Tempel habe ich auf jeden Fall noch auf der Liste. Wobei ich sagen muss, dass ich die chinesischen Tempel bis jetzt alle recht ähnlich finde. Mit fehlt einfach das tiefere Verständis, um die Symbolik des einzelnen zu erkennen. Ich vermute mal, dass es jemandem, der das erste mal eine Kirchen-Tour macht, ähnlich geht. Jeder Tempel hat einen Eingangsbereich, der ein reich verziertes Dach hat, rechts und links finden sich Inschriften. In der Mitte ist ein Altar, vor dem eine Fläche zum beten ist. Auf dem Altar sitzt immer eine Statue, die angebetet wird. Ein großer Metallbottich mit Sand gefüllt, dient zum Räucherstäbchen festhalten. Oft gibt es einen Ofen, in dem ganze Bündel von Räucherstäbchen verbrannt werden. In einigen Tempeln habe ich kleinere "Kapellen" gesehen. Auch wieder mit einem Altar auf dem etwas anbetet wird. Dach und Säulen sind immer reich verziert. Überall habe ich Drachenfiguren wiedererkannt. Sonst auch gerne Tiger. Opfern kann man alles (und man kann eine ganze Menge zum Opfern im Tempel kaufen) Ich habe Chipstüten neben Lotusblumen gesehen, kopierte Geldscheine (5.000.000 Dong und 5.000US$-Noten) und bunt eingepackte Bonbons, auch ein Fahrrad stand mal auf einem Altar. Obst natürlich immer. Schwer, das zu beschreiben. Die Stimmung ist mystisch, fremd für mich. Ich fühle mich immer, wie ein Außerirdischer in diesen Tempeln. Nicht schlecht, einfach nur fremd.

Und warum jetzt von morgen? Die chinesische Gemeinde hier ist noch nicht so groß. Sie wächst aber beständig und Statistiken zu Folge wird Cholon in naher Zukunft eine der größten chinesischen Siedlungen in Asien außerhalb von China werden.

03.06.2009

Königreich der Wunder

Ziemlich genau am 23.08.2007 um 11.32 Uhr habe ich den Entschluss gefasst, die Tempel im Angkor Stil genauer kennenlernen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt war ich in Ayutthaya in Thailand und habe eine kleine und bescheidene Tempelanlaga aus der Angkor Zeit angucken dürfen. Da ich ja eh schon in Kambodscha war (ich bin eigentlich nur der Tempel wegen hingefahren), habe ich die Gelegenheit geschnappt und bin losgezogen, um ein bisschen Unesco Weltkulturerbe Luft zu schnuppern. Siem Reap lebt eigentlich nur von Touristen, die die Tempel angucken. Entsprechend ist alles deutlich auf diese Menschengruppe ausgelegt. Die Straßen sind asphaltiert, es gibt Straßenlaternen und jede Menge Unterkünfte in jeder Preiskategorie. Ich entscheide mich für ein wenig Luxus und nehme für 10US$ pro Nacht ein Einzelzimmer mit Klimaanlage. Beim Einchecken wusste ich ja noch nicht, wie nötig ich den Luxus haben würde. Es ist schon dunkel und ich plansche noch eine Weile im Fußabdruck-Pool, bevor ich mich in mein King-Size Bett fallen lasse. Mein erster Tempel-Tag beginnt früh, ich habe schließlich viel vor. Mit einem Motorad-Taxi (kostet 8US$ pro Tag, inkl Fahrer) mache ich mich auf den Weg zur großen Runde. ungefähr 30km lang ist dieser Rundweg. Zwischendurch immer mal wieder ein Tempel zum Angucken. Einige der Tempel sind größer und imposanter, andere kleiner und verwunschener. Jeder dieser Tempel hat seine eingene, besondere Stimmung. Ein wenig genervt bin ich nach dem 3. Tempel von den Kindern und Erwachsenen, die mir ihre Souvenirs, kalten Getränke oder Hilfe anbieten wollen. Haben die denn nichts anderes zu tun???
Und wie können die sich überhaupt jeden Tag den Eintritt leisten? 40$ für ein 3-Tages-Ticket ist schon eine Menge. Ach, Kambodschaner müssen gar nichts bezahlen. Naja wenn das so ist... Ich blättere zum Spaß mal den angebotenen Lonley Planat Cambodia durch. Kein Wunder, dass er nur 2$ kosten soll. So eine schlechte Kopie habe ich noch nie gesehen. Schief und krumm, halbe Seiten fehlen, verzerrte Bilder. Ich lasse es einfach. Nur einen Tempelführer habe ich mir gegönnt. Der hat auch gleich etwas mehr gekostet, dafür ist der Umschlag auch aus Pappe, nicht nur aus Papier. So und wie fange ich jetzt an, von den Tempeln zu berichten? Schwierig. Also mein Fahrer hat mich am ersten Tempel des Tages, Pre Rup, absteigen lassen und mir gesagt, er würde genau dort auf mich warten. Es ist ein wenig warm, um nicht zu sagen heiß. Ich bekomme einen Schweißausbruch nach dem nächsten. Dieses kleine Tempelchen, eher ein Tempel-Berg, also ein ziemlich hoch aufgetürmtes Bauwerk, besticht vor allem durch die filigranen Schnitzereien (oder wie heißt das in Steinen?). Dass sowas möglich ist. Am ersten Tempel habe ich ja noch nicht gewusst, was für Reliefarbeiten ich noch sehen würde. Ich lese, dass die meisten Tempel nach einem ähnlichen Muster aufgebaut sind. Den Eingang stellt eine "Gopura", eine Eingangshalle dar, dann folgen rechts und links meist 2 sogenannte Bibliotheken, die vermutlich nie Schriftstücke enthalten haben. Dann erst kommt das eigentliche Tempelgebäude. Die meisten Tempel stellten das Zentrum der Stadt dar. Jeder König hat seine eigene Stadt und entsprechend seinen eigenen Tempel gebaut.
Vorsichtig klettere ich die steilen Stufen des eigentlichen Tempels hoch. Die Stufen sind so gebaut, dass möglichst wenig Platz benötigt wird. Es ist steil. Und die Stufen sind hoch. Mal eben so locker die Treppe hochlaufen ist hier nicht drin, ich muss mir jede Stufe mühsam erkämpfen. Die einzelnen Stufen sind nämlich so hoch, dass sie mir locker bis zu Mitte des Oberschenkels reichen. Und ein wenig ausgetreten sind die Stufen auch. Der Blick der sich mir dafür auf der oberen Terasse des Tempels bietet ist überwältigend. Ich bin hier mitten im Urwald. Hohe grüne Bäume umgeben den Tempel, der rotbraungoldgelb in der Sonne unter dem blauen Himmel leuchtet.
Weiter geht es zum nächsten Tempel. Die Fahrt führt vorbei an Reisfeldern und badenden Wasserbüffeln, duch Alleen exotischer Bäume und endet wieder an einem Parkplatz. Die Motorrad- und Tuktukfahrer haben ein gutes Leben hier. Sie fahren Touristen von einem Tempel zum nächsten und haben während der Besichtigung immer frei. Da vor jedem Tempel immer Fahrer sind, wird ihnen nie langweilig. Sie sitzen in der Sonne oder im Schatten, schlürfen gemütlich Kokosnüsse und haben viel Zeit sich über die Eigenheiten der Touristen auszustauschen.
Ein noch kleinerer Tempel, der allerdings etwas abseits der Straße liegt. Der Stil ist sehr ähnlich, es gibt wieder einen zentralen Turm und eine Bibliotehk, eine Eingangshalle, nein 4 Eingangshallen. In jede Himmelsrichtung eine. Traditionell wurden die Tempel von Westen aus betreten. Je nach dem welcher Eingang jetzt am sichersten restauriert ist, kann man heute auch von anderen Seiten in die Tempel hineingehen. Die Tempel wurden ursprünglich als hinduistische Tempel gebaut, sind nach der Buddhaisierung (oder wie auch immer die Verbreitung des Buddhismus heißt) umgeweiht worden. Viele der Gravuren in den Wänden zeigen Hindu-Gottheiten und Hindurituale, während in der Mitte des Tempels eine Buddhafigur steht. Spannend.
Als die Tempel von den Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt wurden, waren sie mehr oder weniger zerstört und vom Dschungel überwachsen. Die meisten Anlagen sind weitesgehend restauriert worden oder werden immer noch wieder hergerichtet. Nur 2 Tempel sind so geblieben, wie sie gefunden wurden. Einer davon ist in der großen Tour zu finden. Preah Kanh stellte sich als dieser Dschungeltempel heraus. Die Bäume wachsen dort überall, als sei das Dach eines Steingebäudes, die beste Muttererde, die man sich als Baum so vorstellen kann. Ich kann mich gar nicht sattsehen an den Formationen, die die Natur hier geschaffen hat, um sich das zurückzuholen, was ihr vorher genommen wurde. Eine Beschreibung für die von Baumwurzeln zusammengehaltenen Mauerwerke zu finden, fällt mir schwer. Mystisch ist es auf jeden Fall. Mittlerweile hat die Sonne soviel Wasser zum Verdunsten gebracht, dass der Himmel gänzlich mit Wolken verhangen ist. Trotzdem ist das Sonnenlicht grell und gleißend. Eine merkwürdige Kombination. Die Wolken haben aber immerhin den Vorteil, dass die Sonne nicht mehr direkt auf die Erde niederbrennt, sondern ein bisschen gefiltert ankommt und nicht mehr ganz so heiß ist. Dafür wird es jetzt noch schwüler. Nun gut (oder nicht gut). Am Ende der großen Tour stehen Angkor Thom und Angkor Wat an. Angkor Thom ist ein riesiges Gelände mit vielen Tempeln und Terasse und Stadttoren. Die Stadt Angkor Thom ist die am besten erhaltenste Stadt mit dem Herzstück Bayon und dem königlichen Palast. Ich beginne meine Erkundungstour an der Terasse der Elefanten. Die Reliefs bestehen aus vielen, vielen Elefanten. Ich weiß gar nicht, wo ich als erstes hingucken soll. Elefanten wurden auch genutzt, um die Steine für den Bau der Anlagen zu beschaffen. Weiter zur Terasse des Lepra-Königs. Der König war keineswegs krank, aber die Steine sind nur so angegriffen, dass das Portrait des Königs so aussieht, als wäre seine Haut von Lepra zerstört. Das Bayon ist ein weiterer riesiger Palastkomplex. Wie ein Angkor Wat in klein. Angkor Wat, der wohl bekannteste Tempel, ist eines der größten spirituellen Gebäude der Welt (wenn nicht sogar das größte). In der Mitte des Tempels ist eine steinerne Lotusblüte zu finden. Ein Turm, der aussieht, wie eine Lotusblüte, umgeben von mehreren kleinen Türmchen. Auf jedem Stein sind Figuren eingraviert. Apsaras, die göttlichen Tänzerinnen, von denen sich keine zwei Figuren gleichen. Der ganze Komplex ist umgeben von Kanälen, die eigentlich angelegt wurden, um den Transport der Steine zu ermöglichen, die heute eine ganz eigene spirituelle Bedeutung haben. Sie symbolisieren den Urozean. Insgesamt ist Angkor Wat eines DER nationalen Symbole Kambodschas. Es ist nicht nur auf den Geldscheinen zu finden, sondern auch auf der Flagge des Landes. Und ich muss sagen: mit Recht!
Am Abend wollte ich eigentlich wieder schwimmen gehen, aber ein Gewitter macht mir einen Strich durch die Rechnung. Mehr als 3 Stunden blitzt uns donnert es gewaltig, Regen prasselt auf das Hostel und macht es drinnen noch gemütlicher als sonst.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne und die Erde dampft. Es ist noch feuchter als sonst. Und ich Esel habe mich heute für die kleine Tour auf dem Fahrrad entschieden. Neben der anstrengenden Fahrradtour stelle ich auch noch begeistert fest, dass ich sehr wohl in der Lage bin ein und denselben Fehler mehr als einmal zu machen. Schon im 2. Tempel stelle ich fest, dass meine Kameraakkus wieder leer sind. Aaargs! Ich Trottel... Ich finde während meiner Fahrradtour meinen Lieblingstempel. Er ist ebenfalls vom Urwald überwuchert, aber noch verwunschener und noch mystischer. Die riesigen Bäume sind atemberaubend schön, wie sie sich über die Mauern ziehen. Wurzeln hängen in der Luft, auf der Suche nach Erde, einige der Mauern werden nur noch durch Bäume zusammengehalten, die sie eigentlich zerstören. Stirbt ein Baum, fällt die Mauer in sie zusammen, die einst dem Baum eine Möglichkeit gegeben hat, zu wachsen. Eine interessante Symbiose oder Antibiose?
Ich fahre weiter und erkunde verschiedene Tempel. In Ta Keo fühle ich mich ein wenig an Mexiko erinnert. Der Tempel lässt sich nur durch Treppen erreichen, die sich sicher auch zum Herunterstürzen und sichern Töten von Feinden eignen würden. Dachte ich gestern noch, die Treppe sei steil, habe ich in diesem Tempel eine neue Form von "steil" kennengelernt. Mehr oder weniger auf allen vieren krieche ich die Stufen hoch. Drei Stufen entsprechen meiner Höhe. Der Stein ist heiß, was das Festhalten nicht wirklich erleichtert. Oben wiederum weht ein kühles Lüftchen, was mir sehr gut gefällt. Ich setze mich in den Schatten eines Fensters und lese ein bisschen, genieße die Aussicht und vor allem, versuche zu trocknen. Immer wieder laufen ganze Schweißfluten an mir runter. Nächstes mal komme ich im Winter! Das runterklettern ist noch mal aufregender als das Hochklettern. Konnte ich auf dem Hinweg doch sehen, was mich erwartet, muss ich jetzt auf das Tastvermögen meiner Füße vertrauen. Sie tasten gut und bringen mich sicher und wieder schweißgebadet zu meinem Fahrrad zurück. Ich mache einen Zwischenstopp bei Angkor Wat und Angkor Thom, einfach weil es dort so viel zu sehen gibt und ich nicht mal den halben Tempel gesehen habe. Ich könnte Wochen hier verbringen...
Der Abend naht und ich will den Sonnenuntergang auf einem weiteren Tempelberg genießen. Am Fuß des Hügels von Bakheng treffe ich zum ersten mal auf richtige Bettler. Eigentlich hatte ich die schon vermisst. Ob die nur hier sitzen dürfen? Kinder mit zerissenen T-Shirts halten stumm ihre Hand auf, Männer und Frauen, kaum älter als ich, grausam verstümmelt sitzen am Wegrand und bitten um eine Spende und Mütter mit ihren Babies, einige sicher behindert, zumindest ließ die Kopfform mich das vermuten, betteln um Essen. So hatte ich mir sowohl Kambodscha als auch Vietnam vorgestellt. Ich bin wieder einmal hin und her gerissen, was zu tun ist. Auf der einen Seite will ich die Menschen nicht leiden lassen, auf der anderen Seite ist Geld geben auch keine Lösung. Ich teile also den Rest meiner Magosteen und "fragt-mich-nicht-wie-sie-heißen-Früchte" mit den Menschen dort. Und den Rest meiner Riel bekommt die Organisation Child Sage Cambodia. Gewissensberuhigung hat geklappt.
Den Abend verbringe ich wieder planschend im Wasser und genieße die Vorzüge der modernen Welt mit dem Internet.

01.06.2009

Warum funktioniert das Gehirn, wie es funktioniert?

Ein Park mit tropischen Pflanzen, die Kokospalmen wiegen sich im sanften Wind und die Bananenbäume spenden angenehmen Schatten. Bunte Schmetterlinge flattern über die Wiese, deren Gras saftig und in sattem grün in der Sonne leuchtet. Hühner laufen herum, baden im Sand oder suchen sich die besten Körner aus der reichen Auswahl. Andere Hühnchen liegen im Schatten auf ihren Nestern und brüten die kleinen Babyküken aus. Zwischen den Blättern und Blüten der majestätischen Bäume schimmert ein Tempel durch. Vor dem Tempel werden Räucherstäbchen und Blumen verkauft. Der Tempel ist mit seinen 15 Etagen mehr als imposant. In jeder dieser Etagen liegen Relikte aus einer vergangenen Zeit.

Skelettierte Schädel!

Der Park ist kein Park, es ist ein Friedhof. Ein Friedhof ohne Grabsteine. Keine in Reihen angeordneten Gräber mit Blumenschmuck, sondern inzwischen eingesunkene Massengräber. Einige der Grabstellen sind mit Schildern versehen. „Massengrab mit 400 Opfern“ Die Opfer der dunkelsten Seite der Geschichte Kambodschas, die Terrorherrschaft der roten Khmer finden hier ein Mahnmal. Ich wusste wo ich hinfahre. Der Park ist besser bekannt als Killing Fields. Die größte Hinrichtungsanlage der roten Khmer. Alle, die dem Terrorregime nicht in den Kram passten wurden erst in ein Gefängnis gesteckt, dann gefoltert und dann hingerichtet. Das Gefängnis und die Folter konnte wahlweise auch weggelassen werden, nur die Hinrichtung am Ende, die ließ sich nicht umgehen. Die Welt hat 3 Jahre lang vor dem Fernseher gesessen und zugeschaut, bis sich Vietnam gedacht hat „so ja wohl nicht“ und den roten Khmer einmal ordentlich die Meinung gesagt hat und und somit hatte das Regime nach mehr als 3 Jahren ein Ende. Das heißt nicht, dass die roten Khmer sich in Luft aufgelöst hätten. Bis in die 90er Jahre verübten ihre Guerillatruppen immer wieder Anschläge.

Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass meine Generation hier, die erste Generation nach der Terrorherrschaft ist, kann ich es kaum glauben. Phnom Penh, die Hauptstadt ist eine moderne Metropole. Es gibt Einkaufsszentren, W-Lan, eine Müllabfuhr und insgesamt sieht die Stadt sehr ansprechend aus.


Ich habe neben dem Cheeseburger-Index, der einen Anhalt für Vermögen der Bevölkerung bietet, noch einen weiteren Index erfunden. Der Cheeseburger-Index lässt sich in Ländern ohne McDonald nur schwer anwenden. Daher jetzt der Tankstellen Index. Ein Land ist „arm“ wenn an der Tankstelle ausschließlich Benzin verkauft wird. Also Zapfsäule plus Kassenhäuschen spricht eher für eine wenig wohlhabende Bevölkerung. Kann man an der Tankstelle schon Produkte, wie Motoröl und neue Reifen kaufen, geht es den Leuten auch entsprechend besser. Ein reiches Land hat kleine Einkaufszentren, die an die Tankstelle angeschlossen sind. Ehrlich gesagt war ich sehr überrascht, in Phnom Penh und nun auch hier in Siem Reap solche Mini-Supermärkte zu finden. Vielleicht habe ich das Land einfach wieder falsch eingeschätzt... Das soll jetzt nicht heißen, dass es keine armen Menschen hier gibt. Im Gegenteil, es gibt sicherlich eine Menge Menschen, die nach unserem Verständnis „arm“ sind. Eben solche, die kein Wasser und keinen Strom, kein Haus und kein Bett haben. Aber insgesamt wirkt Kambodscha auf mich nicht bettelarm. Zum Betteln später mehr...

Ich wollte eigentlich noch über das S21 schreiben. Die Buchstabenkombination klingt ja erstmal nicht weiter spannend. Dahinter verbirgt sich die Abkürzung für das größte Gefängnis, das während der Terrorherrschaft der roten Khmer in Phnom Penh stand. Eigentlich mal eine Schule, dann ein Foltergefängnis und heute ein Museum. Die Gebäude sind weitgehend unverändert und bieten eine Reise in die Vergangenheit. Es fängt an mit langen Fotowänden. Fotos von Frauen und Männern. Alle Frauen haben die Haare kinnlang geschnitten. Mir gefällt die Frisur, bis ich lese dass es keine Mode war, sondern Vorgabe des Regimes. Mich erinnert die Atmosphäre an die eines KZ. Bedrückend. Atemraubend. Traurig. Hier, genau wo ich langlaufe, sind Menschen gefoltert worden. Wieder haben die Folterer bei den Nazis und im Vietnamkrieg gut aufgepasst und sich jede bestialische Kleinigkeit gemerkt. Wie kann es sein, dass das menschliche Gehirn die abartigsten Foltermethoden behält, nicht aber ein Signal sendet, wenn es an der Zeit wäre zu helfen? Warum kann sich das Gehirn Brutalität und Unmenschlichkeit merken, nicht aber Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe? Ich will hier nicht auf einzelne schließen, sondern ganz allgemein über „die Welt“ schreiben. Es hat mich tief berührt zu lesen, dass in den Jahren der Terrorherrschaft der roten Khmer Millionen Menschen verschwunden sind. Von heute auf morgen, einfach weg gewesen. Bei einer Einwohnerzahl von 8 sind 3 Millionen Menschen 1/3 der gesamten Bevölkerung. Selbst wenn es „nur“ 2,5 Mio waren, die ermordet wurden, so bleibt die Zahl erschreckend hoch. Die Ausstellung ist einfach und einprägsam. Tafeln lassen mich die Geschichte lesen und Bilder zeigen mir, wie grausam Menschen sein können. Die Zellen der Gefangenen sind noch im Original vorhanden. 80cmx200cm. Das ist kleiner als ein Bett! Betten gab es keine, die Gefangenen mussten auf den Fliesen schlafen. Einige Fenster wurden verglast, damit die Schreie der Gefolterten nicht nach außen dringen konnten. Ein Schaukelgerüst im Hof wurde als Galgen genutzt. In einem Raum hängt eine lange Liste mit Grabstätten. Hier sind die heute bekannten Massengräber verzeichnet. Mal lese ich 140, mal mehrere Tausend und dann 510.000. Die Zahlen der gefundenen Opfer. Im letzten Raum der Ausstellung sind symbolisch Schädel aufgereiht. Das Mengenverhältnis Mann zu Frau (3:1), die Todesart (Erschießen, Erschlagen oder oder oder), das Alter. Dieses mal ist es nicht die Hitze, die mir das Atmen erschwert. Es ist eben nicht schon „lange“ her. Dieser Genozid ist kurz vor meiner Geburt passiert. In der Hoffnung, dass die Welt nach solchen Erfahrungen nicht wieder den Fehler macht und wegguckt (und leider mit dem Wissen, dass die Welt nicht gelernt, sondern wieder weggeguckt hat) mache ich mich auf den Weg zum Bus. Ich will Kambodscha nicht als Land purer Grausamkeit in Erinnerung behalten.
Es gab nämlich auch ganz andere Zeiten.